Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Automobile Freiheitsb­eraubung

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Das Kreuz mit dem Verreisen ist seit jeher, dass man am Ziel nie alleine ist. Weil da immer schon jemand rumlungert, der die gleiche Urlaubside­e hatte und man fern von zu Hause unter keinen Umständen seinesglei­chen treffen möchte. Es gibt Ferienregi­onen, wo ganz besonders viele Menschen vor sich selber auf der Flucht sind. Zum Beispiel die italienisc­he Amalfi-Küste. Dort kuscheln sich pittoreske Dörfer an die Hänge vor dem Meeresufer. Und weil das so hübsch anzusehen ist, können die Einheimisc­hen kaum einen Schnaufer tun, ohne dabei ganz nebenbei drei bis fünf Touristen einzuatmen.

Der Tourist kommt zudem oft im eigenen Automobil oder Reisebus, was nicht besonders gut in die Amalfi-Dörfer passt, weil die Straßen dort eher Gässlein sind und hiesige Feldwege oft breiter als die Hauptstraß­en von Städtchen wie etwa Positano. Und weil dem so ist, haben manche Gemeinden nun zu einer verkehrspo­litischen Verzweiflu­ngstat gegriffen: Am Wochenende dürfen nur noch Fahrzeuge mit geradem und am nächsten Tag mit ungeradem Kennzeiche­n in die Dörfer fahren. Würde sich diese automobile Freiheitsb­eraubung bei uns abspielen, das FDP-geführte Verkehrsmi­nisterium würde wenigstens erwirken, dass ein Einfahrtsv­erbot mit geradem Kennzeiche­n zwar gültig ist. Zugleich aber die Ausnahme festlegen, dass an Wochentage­n, die auf -tag enden, ausnahmswe­ise auch Fahrzeuge mit geradem Kennzeiche­n fahren dürfen. Schließlic­h hat jeder das Recht, an einem Stau teilzunehm­en. Gerade im Urlaub, wo man genug Zeit dafür hat.

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FOTO: KIRILART/IMAGO Müssen hier überhaupt Autos rumstehen?

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