Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Erbschaft immer melden
Finanzamt will detailliert informiert werden, wer von wem was und in welchem Wert bekommt
BERLIN/BONN (dpa) - Eine Erbschaft gemacht, ein Vermächtnis bekommen? Dann interessiert das auch das Finanzamt. Denn auf das, was jemand erhalten hat, fallen womöglich Steuern an. Wer Vermögen erbt, müsse das innerhalb von drei Monaten nach Bekanntwerden der Erbschaft dem Finanzamt melden, sagt Claudia Kalina-Kerschbaum von der Bundessteuerberaterkammer in Berlin. Gleiches gilt im Falle eines Vermächtnisses, also wenn jemand nur einen bestimmten Teil des Erbes erhält. Wird das Erbe als Schenkung zu Lebzeiten vorgezogen, ist grundsätzlich sowohl der Erblasser als auch der Erbe dazu verpflichtet, das anzuzeigen. Dazu reicht ein formloses Schreiben an das Finanzamt.
In einem solchen Schreiben sollten Vor- und Familienname, Beruf sowie die Anschrift des Erblassers oder Schenkers sowie des Erwerbers aufgelistet sein – außerdem der Todestag und der Sterbeort des Erblassers oder das Datum des Tages, an dem die Schenkung erfolgte. In das Schreiben gehört ferner der Gegenstand und Wert des Erbes oder der Schenkung und die Angabe, ob es sich um ein Vermächtnis oder die gesetzliche Erbfolge handelt. Ebenfalls in dem Schreiben darzulegen ist, in welchem Verhältnis der Erbe zum Erblasser oder Schenker persönlich steht – also etwa der Verwandtschaftsgrad.
„Von Interesse sind für den Fiskus auch Informationen, ob, wann und in welcher Art und mit welchem Wert es schon zu einem früheren Zeitpunkt Zuwendungen durch den Erblasser oder Schenkenden gegeben hat“, erläutert Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerrecht in Bonn. „Zuständig ist grundsätzlich das Finanzamt in dem Ort, in dem der Erblasser oder die Erblasserin seinen oder ihren letzten Wohnort hatte“, sagt Rott. Gleiches gelte bei der Schenkung.
Allerdings: „Längst nicht jedes Finanzamt in Deutschland hat eine Erbschaftund Schenkungsteuerstelle“, so Rott. Wer nun auf der Suche nach dem jeweiligen Finanzamt ist, wird auf der Seite des Bayerischen Landesamtes für Steuern fündig: Dort gibt es ein bundesweites Verzeichnis der Finanzämter, die für die Verwaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zuständig sind.
Beim Erben und Schenken gibt es steuerliche Freibeträge. Ehepartner können bis zu 500 000 Euro abgabefrei erben oder geschenkt bekommen, Kinder von jedem Elternteil 400 000 Euro, Enkel von ihren Großeltern 200 000 Euro. Geschwistern, Nichten, Neffen und Lebensgefährten steht ein Freibetrag von 20 000 Euro zu. Bei Schenkungen können diese Freibeträge alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden.
Wichtig zu wissen: „Die Freibeträge entbinden einen Erwerber oder eine Erwerberin nicht von ihrer Pflicht, das zuständige Finanzamt über die Erbschaft oder Schenkung zu informieren“, so Rott. Unterlässt man die Mitteilung ans Finanzamt, kann das unter Umständen unangenehme Folgen haben. Dann könne der Fiskus ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung oder versuchter Steuerhinterziehung einleiten, warnt KalinaKerschbaum. Denn das Finanzamt erhält in jedem Fall Kenntnis von einem Todesfall – zum Beispiel übers Standesamt, das Nachlassgericht oder über Banken und Versicherungen.
Und doch gibt es Fälle, in denen man auf die Meldung ans Finanzamt verzichten kann. „Beispielsweise, wenn ein Testament von einem deutschen Gericht oder einem deutschen Notar eröffnet wurde und ein reguläres Verwandtschaftsverhältnis vorliegt“, sagt Rott. Anders verhält es sich, wenn zum Vermögen Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften oder Auslandsvermögen gehören. In diesen Fällen muss das Erbe laut Kalina-Kerschbaum immer dem Finanzamt gemeldet werden. Eine Mitteilung an den Fiskus ist hingegen nicht nötig, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist. „Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Immobilie übertragen wird“, sagt Kalina-Kerschbaum.
Und müssen Erben dann eine Erbschaftssteuererklärung abgeben? „Grundsätzlich erst, wenn das Finanzamt sie dazu auffordert“, sagt Rott. Zunächst prüft der Fiskus den Sachverhalt, sobald ihm die Mitteilung vorliegt. Zeigt sich hierbei, dass der Wert der Erbschaft oder auch Schenkung unter dem Steuerfreibetrag liegt, fordert das Finanzamt zumeist keine Erbschaftssteuererklärung. Ob es dazu kommt oder nicht, sei letztlich immer eine Ermessensentscheidung des zuständigen Finanzamts, sagt Rott. Verlangt das Finanzamt eine Erbschaftssteuererklärung, beträgt die Frist zur Abgabe mindestens einen Monat. Durch einen entsprechenden Antrag vor Fristende können Erben die Frist aber verlängern. Im nächsten Schritt legt das Finanzamt die Erbschaftssteuer fest und stellt einen Erbschaftssteuerbescheid zu. Hiergegen Einspruch zu erheben ist möglich – aber nur innerhalb eines Monats. Weist der Fiskus den Einspruch zurück, bleibt den Erben nur eins: eine Klage vor dem Finanzgericht.