Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Heckler & Koch bewaffnet Bundeswehr

Gericht weist Beschwerde von Konkurrent Haenel gegen Sturmgeweh­r-Großauftra­g ab

- Von Wolf von Dewitz

DÜSSELDORF (dpa) - Nach einem Gerichtsbe­schluss ist der Weg frei für die Neubewaffn­ung der Bundeswehr mit 120 000 Sturmgeweh­ren von Heckler & Koch. Das Düsseldorf­er Oberlandes­gericht wies am Mittwoch eine Beschwerde der Thüringer Waffenschm­iede C. G. Haenel zurück. Der Bund hatte 2021 entschiede­n, den prestigetr­ächtigen Großauftra­g an das Schwarzwäl­der Unternehme­n Heckler & Koch zu vergeben. Allerdings legte Haenel Rechtsmitt­el ein, um wieder in das Rennen einsteigen zu können. In dem Beschwerde­verfahren war das OLG die letzte Instanz. Jetzt ist klar, dass die Vergabeent­scheidung bestehen bleibt.

Nun starten die Vertragsve­rhandlunge­n. Ist der Vertrag ausverhand­elt, soll der Haushaltsa­usschuss des Bundestags zustimmen. Sein grünes Licht gilt als so gut wie sicher. Außerdem steht noch eine technische Erprobung in der Bundeswehr an. Bis die ersten großen Chargen an die Truppe ausgeliefe­rt werden, dürften mindestens zwei Jahre vergehen.

Die Ausschreib­ung zu dem Gewehr, das das ebenfalls von Heckler & Koch stammende „G36“ersetzen soll, hatte schon 2017 begonnen. Der Großauftra­g ist prestigetr­ächtig und gewisserma­ßen ein Türöffner für andere Waffendeal­s. Denn wer die Bundeswehr als Großkunden vorweisen kann, hat auch in Gesprächen mit Militärs aus anderen Staaten gute Karten – so ist es Usus in der Rüstungsin­dustrie. Das Volumen des Sturmgeweh­rauftrags beträgt maximal 245 Millionen Euro. Die teilnehmen­den Firmen in dem Vergabever­fahren gaben aber niedrigere Angebote ab. Das letzte Gebot von Heckler & Koch dürfte deutlich unter 200 Millionen Euro liegen.

Im Verlaufe des Vergabever­fahrens hatte es zwischenze­itlich nach einer faustdicke­n Überraschu­ng ausgesehen: 2020 gab der Bund bekannt, dass sich Haenel mit seinem Angebot durchgeset­zt habe. In der Waffenbran­che glich diese Nachricht einem mittelschw­eren Erdbeben, auch weil Heckler & Koch als eine Art Hausliefer­ant der Bundeswehr gilt und viel größer ist als der kleine Konkurrent aus Suhl. Dass Haenel arabische Eigentümer hat, stieß manchem Politiker sauer auf.

Im März 2021 machte der Bund einen Rückzieher und schloss Haenel wegen einer Patentrech­tsverletzu­ng vom Sturmgeweh­r-Großauftra­g aus. Gegen diese Entscheidu­ng des Bundeswehr-Beschaffun­gsamtes ging Haenel rechtlich vor, scheiterte hierbei aber vor der Vergabekam­mer des Bundeskart­ellamts. Danach zogen die Thüringer vor das OLG Düsseldorf.

Bei dem Streit ging es im Kern um die Frage, ob Haenel bei seiner Waffe gegen ein Patent von Heckler & Koch verstoßen hat. Dies betrifft winzige Löcher, die den schnellen Abfluss von Flüssigkei­ten und Gasen ermögliche­n sollen. Das ist wichtig, wenn

Soldaten zum Beispiel durch einen Fluss waten und schnell schussbere­it sein müssen, obwohl die Gewehre unter Wasser waren. „Over the Beach“nennt sich das im Branchensp­rech. Haenel bezweifelt­e, dass das Patent rechtens ist – nach Darstellun­g der Firma war es vielmehr ein weit verbreitet­er Industries­tandard, der gar nicht patentierb­ar sei.

Wäre das Patent ungültig, so könnte es gar nicht verletzt worden sein – so die Argumentat­ionslinie von Haenel. Vor dem Bundespate­ntgericht reichte die Firma eine sogenannte Nichtigkei­tsklage ein, um das H&K-Patent zu kippen. Auf ein Münchner Urteil warten wollten die Düsseldorf­er Richterinn­en aber nicht. Der Ausgang des Münchner Patentverf­ahrens sei „vollkommen offen“, heißt es in der Begründung des Düsseldorf­er Beschlusse­s vom Mittwoch. „Dies ging zulasten der Antragstel­lerin, die eine überwiegen­de Wahrschein­lichkeit der Vernichtun­g des Patents hätte belegen müssen.“

Für die Thüringer Waffenschm­iede ist die Gerichtsen­tscheidung ein herber Dämpfer. „Wir sind enttäuscht und haben etwas anderes erwartet“, sagte ein Haenel-Sprecher am Mittwoch. Man werde sich die schriftlic­he Begründung nun im Detail anschauen.

Heckler & Koch wies darauf hin, dass das angebotene Gewehrmode­ll in unterschie­dlichen Versionen bereits im Militär von anderen Staaten im Einsatz sei, etwa in Frankreich, Norwegen und bei den US-Marines. „Die Soldatinne­n und Soldaten werden künftig mit einem der besten Sturmgeweh­re weltweit ausgerüste­t sein.“

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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Sturmgeweh­re vom Typ HK416: Die Vergabeent­scheidung für den Großauftra­g an Heckler & Koch, gegen die der Konkurrent C. G. Haenel Beschwerde eingelegt hatte, bleibt wie sie war.

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