Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ehrfurcht vor der Legende
Serena Williams ist zurück in Wimbledon – Die Konkurrenz ist beeindruckt und alarmiert
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LONDON (SID) - Iga Swiatek erstarrte einen Moment lang in Ehrfurcht. Das war kaum zu übersehen, und das gab die unangefochtene Nummer 1 und Top-Favoritin auf den Wimbledontitel auch zu. „Als ich sie gesehen habe, war ich überwältigt“, sagte Swiatek über ihre Begegnung mit Serena Williams auf dem Trainingsplatz: „Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Ich wollte sie einfach treffen.“
Das Ganze sei „ziemlich seltsam“gewesen, so die Polin – und doch „großartig. Sie ist so eine Legende“, schwärmte Swiatek, „niemand hat so viel im Tennis erreicht.“Und niemand erregt so viel Aufmerksamkeit wie Williams, die am Dienstag nach einem Jahr Pause im Alter von bald 41 Jahren ihr Comeback gibt. Die Tenniswelt will wissen: Was hat die siebenmalige Turniersiegerin aus den USA noch drauf? Williams selbst hält sich bedeckt, auch ihr kurzer Doppeleinsatz kürzlich in Eastbourne gab kaum Aufschluss über ihre Form.
Die Frage nach ihren Zielen für Wimbledon beantwortet sie vor dem Start gegen die französische Debütantin Harmony Tan nicht, stattdessen kokettiert sie mit ihrer Rolle als Hobbyspielerin, die ihren Hauptberuf durch den Ausflug nach London vernachlässigt.
„Ich bin derzeit für die nächsten Wochen nicht im Büro, wenn sie mir eine E-Mail schreiben, bekommen sie also eine nette Abwesenheitsnotiz“, scherzte Williams. Ihre Investmentfirma Serena Ventures beanspruche sie rund um die Uhr. Überhaupt spielte sich nach der Oberschenkelverletzung im vergangenen Jahr in Wimbledon ihr Leben neben dem Court ab: bei Events wie der Oscar-Verleihung oder der Met-Gala.
Ein Teil von ihr glaube bereits, dass dies das wahre Leben sei, sagte Williams, und tatsächlich ist sie dem Turniertrott, dem sie sich 1995 erstmals unterworfen hatte, entkommen. In Sicherheit wiegen sich die Konkurrentinnen deswegen aber nicht. „Wenn sie was macht, macht sie es richtig“, sagte Angelique Kerber – und sie muss es wissen: Zweimal (2016 und 2018) stand sie Williams in Wimbledon im Finale gegenüber.
Kerber traut der 23-maligen Majorsiegerin „einiges zu“. Auch Swiatek ist sich „ziemlich sicher“, dass Serena „in guter Form antreten wird. Sie hat so viel Erfahrung, nach Pausen zurückzukommen – oder einfach nur Grand Slams zu spielen. Das wird sie nutzen“, so Swiatek. Die Ehrfurcht war ihr anzusehen. Williams wirkt noch immer. Die Frage ist: wie lange noch?
Über Wimbledon hinaus habe sie sich noch keine Gedanken gemacht, sagte Williams. Viel wird vom Ergebnis auf dem „heiligen Rasen“abhängen und davon, ob ihr Körper das kräftezehrende Spiel auf den Hardcourts in den USA zulässt. Noch schimmert in der Ferne der 24. Grand-Slam-Titel, mit dem sie Rekordhalterin Margaret Court einholen würde. Eine Legende bliebe Williams aber auch ohne ihn.