Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein Friedenspreisträger aus dem Kriegsgebiet
Ehrung für den ukrainischen Popliteraten Serhij Zhadan – Seit Besetzung der Krim im Jahr 2014 engagiert sich der Künstler im Osten seines Heimatlandes
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FRANKFURT (KNA) - Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht in diesem Jahr an den ukrainischen Schriftsteller und Musiker Serhij Zhadan. Er werde für sein herausragendes künstlerisches Werk geehrt sowie für seine „humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft“, teilte die Jury am Montag in Frankfurt mit.
Seine Romane, Essays, Gedichte und Songtexte erzählten davon, wie Krieg und Zerstörung die Menschen erschütterten – und wie sie gleichzeitig versuchten, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen. Zhadan finde „eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führt, was viele lange nicht sehen wollten“, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Karin Schmidt-Friderichs.
Der Popliterat, der als eine der wichtigsten Stimmen der ukrainischen Gegenwartsliteratur gilt, wurde am 23. August 1974 geboren. Seine ersten literarischen Beiträge veröffentlichte er mit 17 Jahren. 1996 promovierte er mit einer Arbeit zum ukrainischen Futurismus und prägt seither die Kulturszene der Stadt Charkiw, etwa durch Literatur- und Musikfestivals. Seit der Besetzung der Krim 2014 engagiert er sich mit sozialen und kulturellen Projekten in der Ost-Ukraine; seit Februar dieses Jahres verstärkte er diesen Einsatz, wie es hieß.
In seinen frühen literarischen Werken setze sich der Autor intensiv mit der postsowjetischen Umbruchszeit auseinander, so die Jury.
Sein Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und erhielt bereits Auszeichnungen wie den Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis und den Vasyl-Stus-Preis des ukrainischen PEN-Zentrums. Sein jüngster Roman „Internat“(2018, Original: 2017) erzählt vom Krieg im Donbass. Die Roman-Übersetzung erhielt 2018 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Zhadan verfasst seine Texte auf Ukrainisch, übersetzt aber auch Lyrik aus dem Deutschen, Englischen, Belarussischen und Russischen ins Ukrainische. Zudem schreibt er Songtexte für verschiedene Rockbands und ist seit 2007 Sänger der ukrainischen Band „Sobaki v kosmose“(deutsch: Hunde im Weltraum).
Der Schriftsteller bedankte sich in einer Stellungnahme auf seiner Facebook-Seite für die Solidarität. Es sei wichtig, dass auch bei der Frankfurter Buchmesse, in deren Rahmen der Friedenspreis verliehen wird, über die Lage der Ukraine diskutiert werde. „Wir brauchen Waffen, aber wir brauchen auch Informationen“, so Zhadan. Jedes Zeichen der Unterstützung der ukrainischen Kultur trage zu deren Sieg bei.
Der Friedenspreis wird Zhadan am 23. Oktober in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Er ist mit 25 000 Euro dotiert und wird seit 1950 vergeben. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben.