Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stückwerk statt Reformpolitik
Nun sind sie da, die lange angekündigten, aber immer wieder verschobenen Eckpunkte für einen Gesetzentwurf, der das Finanzloch der deutschen Krankenkassen stopfen soll. Herausgekommen ist allerdings ein Sammelsurium an Maßnahmen. Ein Sammelsurium, das für den Steuerzahler teuer werden wird: Der Staatszuschuss wird nämlich zwei Milliarden über der eigentlich – vor Corona vereinbarten – Pauschale von 14,5 Milliarden Euro liegen. Das trifft dann jeden Beitragszahler direkt, weil der Satz nach oben geht. Was an die fünf Milliarden Euro sind, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusätzlich berappen müssen.
Gleichzeitig bleibt vieles in den Plänen doch recht nebulös. So will Gesundheitsminister Karl Lauterbach drei Milliarden Euro „Effizienzgewinne“heben – wobei man aber bisher nur weiß, dass eine Milliarde davon auf eine Sondersteuer für Pharmahersteller entfallen soll, die selbst forschen und mit neuen Medikamenten derzeit gute Umsätze machen. Auch die Kassen selbst sollen nach den Vorschlägen des SPD-Politikers bluten. Ihre einst stolzen Reserven, schon von Lauterbachs CDUVorgänger Jens Spahn kräftig abgeschmolzen, werden in Zukunft noch kleiner. Da ist dann bald nichts mehr zu holen.
Lauterbach redet immer wieder von einem Übergangsjahr, weil er ja, etwa im Krankenhaussektor, Reformen plane. Dass die, wenn es denn dazu kommen sollte, bereits 2024 greifen, darf man jedoch bezweifeln. Und so, wie sich bisher das Hin und Her zwischen Lauterbach und der FDP in der Gesundheitspolitik darstellt, muss man wohl auch bei der Gesundheitspolitik in Zukunft eher Stückwerk erwarten als echte Reformpolitik.
Dazu kommt angesichts des Krieges in der Ukraine und der Auswirkungen eine auch für Deutschland unabsehbare Wirtschaftslage, die schwer kalkulierbar macht, was noch an Beiträgen an die Kassen fließt. Leistungskürzungen für die Versicherten hat Karl Lauterbach bisher strikt ausgeschlossen. Es bleibt abzuwarten, ob er das durchhält.