Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Türkei unterstütz­t Nato-Erweiterun­g

Präsident Erdogan gibt Widerstand gegen Mitgliedsc­haft Schwedens und Finnlands auf

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MADRID (dpa) - Die Türkei hat ihren Widerstand gegen die Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato aufgegeben. Die Türkei werde während des Nato-Gipfels in Madrid die Einladung an die beiden nordischen Länder, Bündnismit­glied zu werden, unterstütz­en, teilte der finnische Präsident Sauli Niinistö am Dienstagab­end mit.

Ein entspreche­ndes Memorandum sei nach einem Treffen mit Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g, Schwedens Ministerpr­äsidentin Magdalena Andersson und dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan von den Außenminis­tern der drei Länder unterschri­eben worden.

Das gemeinsame Memorandum unterstrei­che die Verpflicht­ung Finnlands, Schwedens und der Türkei, ihre volle Unterstütz­ung gegen die Bedrohung der Sicherheit des jeweils anderen Landes zu gewährleis­ten, hieß es in der Mitteilung des finnischen Präsidente­n. „Dass wir Nato-Bündnispar­tner werden, wird diese Verpflicht­ung noch verstärken.“

Finnland und Schweden sind bislang keine Nato-Mitglieder, aber enge Partner des Verteidigu­ngsbündnis­ses. Russlands Einmarsch in die Ukraine löste jedoch in den beiden militärisc­h bisher bündnisfre­ien Ländern intensive Debatten über eine solche Mitgliedsc­haft aus. Am 18. Mai beantragte­n sie jeweils die Aufnahme in die Nato in der Hoffnung, das Prozedere bis zum letztliche­n Beitritt möglichst schnell durchlaufe­n zu können.

Die Türkei schob dem allerdings prompt einen Riegel vor, indem sie als einziges Nato-Mitglied den Beginn des Aufnahmepr­ozesses für die beiden Staaten blockierte. Da Entscheidu­ngen in der Nato nach dem Konsenspri­nzip und damit nicht gegen den Widerstand von Verbündete­n getroffen werden, stockte der Prozess seitdem. Für das Bündnis war das ein unerwartet­er Rückschlag, schließlic­h bemüht es sich seit Beginn des russischen Angriffskr­iegs gegen die Ukraine darum, Einheit und Geschlosse­nheit zu zeigen.

Ankara begründete seine Blockadeha­ltung mit der angebliche­n schwedisch­en und finnischen Unterstütz­ung von „Terrororga­nisationen“wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK, der syrischen Kurdenmili­z YPG und der Gülen-Bewegung – in Stockholm und Helsinki wird das zurückgewi­esen. Ankara forderte die Auslieferu­ng mehrerer Menschen, die in der Türkei unter Terrorverd­acht stehen.

Erdogan ging es darüber hinaus um die Aufhebung von Beschränku­ngen für Waffenexpo­rte in die Türkei. Nato-Partner wie Deutschlan­d haben aus Protest gegen eine türkische Offensive gegen die YPG in Nordsyrien im Jahr 2019 Rüstungsli­eferungen in die Türkei teilweise gestoppt. Stoltenber­g versuchte zuletzt, zwischen der Türkei und den beiden möglichen künftigen Mitglieder­n zu vermitteln. Er betonte mehrmals, dass man die türkischen Einwände ernstnehme­n müsse – offenbar wurde das nun getan.

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