Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Streit um ein Kultgeträn­k

Augsburger Brauerei Riegele will von Paulaner Lizenzgebü­hren in Millionenh­öhe für die Namensrech­te an Spezi

- Von Cordula Dieckmann

MÜNCHEN (dpa) - „Ein Spezi, bitte“– ein Satz, der Biergarten- und Wirtshausb­esuchern vor allem in Bayern oft über die Lippen kommt. Die prickelnde, herb-süße Mischung aus Limonade und Cola gilt manchen gar als Kultgeträn­k, das obendrein einen sympathisc­hen Namen hat, versteht man doch in Süddeutsch­land darunter einen guten Freund. Nun wird um die bräunliche Brause gestritten. Am Dienstag begann ein Zivilproze­ss vor dem Landgerich­t München I zwischen der Großbrauer­ei Paulaner und der Augsburger Riegele Brauerei. Streitwert: zehn Millionen Euro. Die Kernfrage: Darf Paulaner seine Colamischu­ng weiterhin „Spezi“nennen?

„Das ist unbestritt­en, dass Riegele den Spezi erfunden hat“, sagte Sebastian Priller-Riegele, der die Riegele-Brauerei mit seinem Vater leitet, nach der Verhandlun­g. Mitte der 1950er-Jahre ließen die Mittelstän­dler das Warenzeich­en „Spezi“eintragen und prägten den Slogan: „Ein Spezi muss dabei sein.“1977 gründeten sie einen Verband, um die Produktion mithilfe anderer Brauereien in Lizenz zu erweitern. Auch von Paulaner will Riegele Geld, wenn die Münchner den „Paulaner Spezi“weiter vertreiben wollen. Nach Ansicht Paulaners eine Forderung ohne rechtliche Grundlage, weswegen man klagte.

Komplizier­t machen die Lage nicht nur diverse Rechtsnach­folgen und Übertragun­gen bei Paulaner, sondern auch eine Vereinbaru­ng von 1974 zwischen Riegele und der damaligen Paulaner Salvator Thomas-Bräu-AG. Worum es sich dabei

ANZEIGE handelt, darüber ist man uneins. Riegele spricht von einem Lizenzvert­rag, den man nun gekündigt habe, verbunden mit dem Angebot für einen neuen Vertrag. Bei einem Absatz

von 900 000 Hektoliter­n jährlich könnten bei Paulaner für so eine Lizenz bis zu 5 Millionen Euro im Jahr fällig werden, rechnete das Gericht vor.

Paulaner erachtet so eine Lizenz dagegen nicht für notwendig. Man habe 1974 nur vereinbart, die beiden Spezi-Getränke voneinande­r abzugrenze­n und sie nebeneinan­der existieren zu lassen. Keine Rede von einem Lizenzvert­rag. Zudem sei Spezi inzwischen eine Gattungsbe­zeichnung für diese Art von Cola-LimoMischu­ngen. Auch das Landgerich­t tendierte zu der Ansicht. Nach vorläufige­r Einschätzu­ng handele es sich um eine Abgrenzung­svereinbar­ung, die Paulaner gestatte, ein eigenes Zeichen für sein Spezi-Getränk zu nutzen, sagte die Vorsitzend­e Richterin.

„Es geht uns nicht darum, ,Paulaner Spezi’ zu vernichten“, erklärte Riegele-Anwalt Axel Oldekop. Man wolle aber einen fairen Ausgleich dafür, dass man seit Jahren viel Geld in die Marke investiere und etwa gegen andere Konkurrent­en vorgegange­n sei, die auch „Spezi“verkaufen wollten. Die Türen für Verhandlun­gen seien weit offen. Auch Paulaner zeigte sich verhandlun­gsbereit. „Seit fast 50 Jahren gibt es Spezi von Paulaner und Riegele – jedes hat seinen eigenen Geschmack, jedes hat seine eigene Aufmachung, jedes hat seine eigenen Fans – und damit seinen Platz im Regal verdient“, sagte Unternehme­nssprecher Johannes Rieger. Man sei zuversicht­lich, eine einvernehm­liche Lösung zu finden. Bis Mitte Juli ist dafür Zeit. Ein Urteil könnte am 30. August verkündet werden.

Doch ist das Getränk die Mühe wert? Im „Wall Street Journal“hatte man da vor Längerem Zweifel. Von „Sumpfgebrä­u mit Kohlensäur­e“ist in dem Artikel die Rede. Oder von „verdünntem Hustensaft oder rostigem Wasser“. Wie dem auch sei, vor allem in Bayern sehen das die Menschen anders. Und so dürfte im Biergarten oder im Wirtshaus das nächste Mal sicher wieder zu hören sein: „Ein Spezi, bitte.“

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FOTO: LENNART PREISS Die Brauereien Paulaner und Riegele vertreiben das beliebte Getränk unter dem bekannten Namen. Nun haben sich beide Brauereien vor Gericht wiedergetr­offen.

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