Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Bürgerschaft und ihre Oper
Mit großem Engagement organisiert das kleine Isny jedes Jahr ein eigenes Festival
●
ISNY - Es ist außergewöhnlich: Eine Kleinstadt mit 14 000 Einwohnern feiert ein Opernfestival, mit einer jährlich neu einstudierten und ausgestatteten Inszenierung. Seit 34 Jahren, auch 2022 wieder. Hinter dem Statement stehen ein kleiner, kulturbeflissener Kreis in der Bürgerschaft, im Stadtmarketing und im Rathaus; vor allem aber engagierte, idealistische Künstler, meist noch am Anfang ihrer Karriere, aber einige mit der Erfahrung jahrzehntelangen Wirkens.
Zuvorderst Hans-Christian Hauser (Foto: pr) , Pianist, Dramaturg, Dirigent, künstlerischer Leiter, „Hans Dampf“zwischen den jungen Mitwirkenden aus aller Welt im Orchester und auf der Bühne, obendrein „Trüffelschwein“beim Auftun von Fördergeldern. Er inszeniert heuer die Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“des in der Ukraine geborenen Komponisten Sergei Prokofjew.
Zwei Freiluftaufführungen im Innenhof von Schloss Isny sind zwischen 30. Juni und 3. Juli geplant, abhängig von der Wettervorhersage. Das geneigte Opernpublikum muss so flexibel sein wie Hausers Sänger, Instrumentalisten und Techniker. Bei Regen- oder Unwetterwarnungen spielt das Ensemble ein kammermusikalisches „Ersatz“-Repertoire im Kurhaus am Park. Was in der Stadt mit den deutschlandweit meisten Sonnenstunden – deren Veranstaltungsverantwortliche sich seit jeher einer besonderen Beziehung zu den meteorologischen Übermächten rühmen – als nahezu ausgeschlossen gilt. Wenn es ganz schlecht läuft, sind der 4. und 5. Juli als Ausweichtermine reserviert.
Jahr für Jahr, seit 1989, holt Hauser Studenten, junge Absolventen arrivierter Musikhochschulen oder Künstler mit ersten Engagements an Stadt- und Staatstheatern in die Allgäuer Provinz, um mit ihnen in wenigen Wochen ein Opernwerk einzustudieren: Volles Akademie- oder Workshop-Programm mit kostümiertem Musikschauspiel auf der Bühne und orchestraler Begleitung, kammermusikalisch abgespeckt je nach verfügbarer Besetzung.
2022 sind es bei der „Liebe zu den drei Orangen“rund 30 Instrumentalisten und 15 Gesangssolisten aus Deutschland, der Schweiz, Japan, den Balkanländern, Rumänien, Russland, Spanien oder, wie Konzertmeister und Violinist Adrián IbáñezResjan, aus Finnland.
Diese Internationalität ist einer der Bezugspunkte zur Isnyer Bevölkerung: Während der Probenphasen leben die Künstler bei Familien, in Privathaushalten. Elvira Görres ist seit vier Jahren eine der Gastgeberinnen. Dazu gekommen sei sie über eine „Kollegin im Kirchenchor, die schon viele Gäste hatte, aber zu alt geworden war und mich fragte, ob ich jemanden aufnehmen könnte“.
Görres unterrichtet – treffend – Deutsch als Fremdsprache in der Reha-Einrichtung Stephanuswerk, sie bewirtschaftete acht Jahre in Rumänien einen Biobauernhof, erlernte dort die Landessprache und bietet seit ihrer Rückkehr Ferienwohnungen an. Sie ist erste Adresse für die nicht seltenen rumänischen Künstler im Ensemble der Isny Oper. Umso mehr, als sie sich „immer schon gerne mit fremden Leuten umgeben habe, bei mir stehen alle Türen offen. Mein Vater, meine Kinder, die Gäste – alle leben in einer Wohnung, mit nur einem Bad, das macht mir nichts aus, das ist einfach normal, und ich habe noch nie schlechte Erfahrungen gemacht“, erzählt Elvira Görres.
Aus ähnlicher Motivation engagiert sich Kerstin Steybe. Zwei Jahre lang, bis 2020, organisierte sie sogar „die ganze Unterbringung“von Künstlern, bis sie „nach zwei Corona-Jahren mit der Kraft am Ende“gewesen sei. Eine Freundin habe sie seinerzeit „darauf aufmerksam gemacht, dass Unterkünfte gesucht werden“. Und da sie „Oper liebe, seit ich Kind bin“– wie sie mit hörbarem Ausrufezeichen berichtet – und früher „viel gereist“sei, freue sie sich, Menschen aus anderen Kulturkreisen beherbergen zu können; auch für ihre Kinder, die erste kosmopolitische Erfahrungen sammelten. Andererseits, weiß Steybe, „ist es schwierig, heute Leute zu gewinnen, die Fremde zu sich ins Haus nehmen“. Sie selbst empfinde die jungen Gäste als „bereichernd, als Abwechslung, weil wir sonst so eingefahren sind in unserem Alltag“. Eine Portugiesin, eine Französin, eine Koreanerin und auch Deutsche habe sie schon beherbergt, obwohl ihr Quartier „leider ein bisschen außerhalb und nicht so beliebt“sei. Steybe und ihre Familie leben in Isnys bayerischer Nachbargemeinde Maierhöfen.
Dafür habe es „extrem lustige Geschichten“gegeben, erinnert sie sich: Mit einer Koreanerin, die eigentlich ihre jungen Kollegen in der knapp zehn Kilometer entfernten Stadt hatte treffen wollen, habe sie sich eines Abends „draußen unterm Sternenhimmel mit einer Weinschorle verratscht“. Eine andere Künstlerin habe „hier bei uns auf dem Land geholfen, Heu zu machen – und das total genossen“. Vergnügt habe sie über den Kontrast berichtet, „früher so aufgewachsen zu sein und jetzt auf Opernbühnen zu stehen“.
Jugendlicher Enthusiasmus stand am Anfang des Opernfestivals: HansChristian Hauser, in Stuttgart geboren und in Isny aufgewachsen, erzählte einmal, dass er mit einer künstlerisch ambitionierten Mitabiturientin, später die Leiterin der Grundschule in Rohrdorf, 1989 auf der Baustelle des Kurhauses am Park gestanden sei. Das zwölf Meter breite Bühnenportal im Rohbau habe ihre Fantasie beflügelt: „Hier müsste man Oper spielen.“Die Idee ließ den jungen Musiker und Universitätsdozenten nicht mehr los.
Zwischen fünf und sieben Freiluftbühnen, so genau erinnert sich Hauser nicht mehr, hat er mit seinen Ensembles in den zurückliegenden 34 Jahren bespielt: am Weiher neben der unteren Stadtmauer, am Rathaus samt dessen Balkon, nun seit drei Jahren im Innenhof des Schlosses. Der sei „ideal, weil von außen keine Nebengeräusche eindringen“, konstatiert der künstlerische Leiter.
Hinter seinem Aktivismus, seinem emsigen Treiben, schart er immer wieder Unterstützer: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützt ebenso wie der Landkreis Ravensburg, der die Isny Oper seit sechs Jahren in den „OEW Kultursommer“aufgenommen hat. Hinzu kommt Hausers Findigkeit, Inszenierungen mit besonderen Förderprogrammen zu verbinden: Fürs bundesweite Reformationsjahr 2017 komponierte er eigens das Oratorium „Die Himmelsleiter“, zur Feier von „1700 Jahre Judentum in Deutschland“inszenierte er die Oper „Šarlatán“des in Auschwitz ermordeten jüdischen Komponisten Pavel Haas.
Ganz persönlich brauchte Hauser die Unterstützung aus der Bürgerschaft indes, als er vor knapp zwei Jahren seine Wohnung wegen einer Eigenbedarfskündigung verlor. Monatelang wandte er sich so inständig wie vergeblich an Bürgermeister, Stadträte und andere potenzielle Quartiergeber, nicht nur für sich selbst, auch wegen Proberäumen für die Isny Oper.
Ein Problem: Während der Corona-Pandemie wurde der Kurhaussaal für Gemeinderatssitzungen oder als Impfstation gebraucht. Das andere: Hausers Konzertflügel, der nicht unbedingt in jede Wohnung passt. Inzwischen steht das Instrument auf Einladung von Geschäftsführer Wolfgang Brunner im Foyer des Gebäudes der Isnyer Medizintechnikfirma Zebris, das „Pritzker-Preisträger“Gottfried Böhm geplant hat. – Kultur, Kunst und bürgerschaftliches Engagement haben in Isny unzählige Facetten. Die Isny Oper ist eine wichtige davon.
Mehr Informationen zu dieser und weiteren Reisen unter oder Reiseinformationen anfordern unter - Fahrt im modernen Fernreisebus
- Reiseleitung Edgar F. Huber
- 3x Übernachtung im 4*Hilton Hotel in Bonn
- 3x Frühstücksbüffet
- 1x Abendessen am Anreisetag im Hotel (3-Gang-Menü oder
Büffet)
- Eintritt Regierungsbunker mit Führung
- Zweistündige Stadtführung in Bonn (mit Bus und zu Fuß) - Besuch Haus der Geschichte Bonn
- Konzertkarte für das Sinfoniekonzert in der Oper Bonn am
Sonntag, 28.08.22 in der 4. Kategorie
- Besuch des Kaiserdoms in Speyer