Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ottokars Puppentheater hat neues Domizil
In der Ravensburger Oberstadt erhält der 77 Jahre alte Puppenspieler eine Zukunftsperspektive
für die Musikschule. Weil die Suche nach der neuen Spielstätte schwierig war, durfte er zwar länger bleiben als geplant. Doch das Ausräumen des Vogthauses war aufwendig, im März hatte das Team letzte Aufführungen, der Erlös wurde für die Hilfe in der Ukraine gespendet. Aktuell fehlen die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb.
In der neuen Spielstätte gibt es aber viel zu tun: Um die ehemaligen Büroräume zum Theater zu machen, müssen Fluchttüren eingebaut werden. Der Bühnenaufbau muss wegen der tieferen Decken neu konzipiert werden. Vieles erledigt das Ensemble und seine Unterstützer nach dem bereits anstrengenden Aus- und Umzug in der Freizeit, für andere Arbeiten wartet Seifert auf die Handwerker. Wegen der neuen Enge müsse er auch einige Inszenierungen anpassen, glaubt Seifert. Auf die Frage, wann es wieder losgeht mit den Vorführungen,
kann Seifert noch kein konkretes Datum nennen. Aber bis zu den Sommerferien will die Gruppe eigentlich wieder bereit sein, um Kinder zu empfangen. Im zweiten Stock der neuen Räume soll ein kleines Museum entstehen, in dem besondere Puppen zu sehen sind. Das wird Seifert wohl erst in einem zweiten Schritt aufbauen, wie er sagt.
Auch der Sitzplatz ist geschrumpft, statt 60 Plätze kann er jetzt nur noch 30 an Zuschauern vergeben. Weil Seifert die Nähe zum Publikum mag, ist das beschränkte Platzangebot nicht das Problem. Mit weniger Zuschauerkapazität wird das Puppentheater aber auch weniger Einnahmen haben. „Wir wollen die Eintrittspreise aber nicht hochschrauben“, sagt er. Kosten zu sparen, indem man die Puppen selbst anfertigt, das sei nicht möglich, weil das zu lange dauere. Deshalb hofft Seifert jetzt auf Spenden. Die Stadt unterstütze ihn in der Übergangszeit über die laufende Kulturförderung hinaus finanziell, so floss laut Kulturamt eine Investitionsförderung zur Anschaffung neuer Beleuchtung in Höhe von 3600 Euro. „Sie haben mir wirklich geholfen, ich komme aber trotzdem an die finanziellen Grenzen“, sagt Seifert. Für Seifert war es längst nicht der erste Umzug. Sein Theater war schon zwei Mal in der Herrenstraße, schon einmal in der Marktstraße, der Vehrengasse und zuletzt im Vogthaus zuhause. Seit knapp 50 Jahren widmet sich Seifert dem Puppenspiel. Das Jubiläum will er im Herbst feiern und zum Beispiel befreundete Puppenspieler aus Tschechien einladen. Immer wieder wird er mit der Frage konfrontiert, wie lange er das Puppentheater noch betreiben wolle und was danach mit Puppen, Kulissen und den Verpflichtungen des privat organisierten Theaters passieren soll. Für Seifert eine schwierige Frage, weil er weitermachen will. Doch er hat inzwischen eine Idee entwickelt: Damit das Theater mit allem, was dazugehört, zusammenbleibt, würde er es gerne zu einem späteren Zeitpunkt an die Stadt übergeben. „Mein Wunsch ist es, dass der Raum bestehen bleibt für die nächsten Generationen“, sagt Seifert.
Für den Fall, dass es die Stadt es nicht haben wolle, verhandle er schon mit anderen Institutionen, zum Beispiel dem der deutschen Sektion der internationalen Puppenspielerorganisation „Union International de la Marionette“. Seifert denkt aber viel mehr darüber nach, wie er die Corona-Zeit und aktuelle Geschehnisse für Kinder auf die Theaterbühne bringen kann, die er als „verkleinerte Welt“ansieht. Ein
Thema, das er aufgreifen will, ist der zunehmend digital geprägte Alltag von Kindern, was durch die Pandemie noch einmal zugenommen habe. „Die Kinder sehen alles flach, und das“, sagt Seifert und streift mit der Hand über bereits aufgebaute Theaterkulissen, die eine Burg darstellen, „geht flöten, die Fantasie geht flöten.“Er fügt hinzu: „Das Puppenspiel als Medium hat die Verantwortung, sich gegen diese Strömungen zu stellen.“Das heiße aber nicht, dass er die
Digitalisierung bekämpfen wolle.
Im letzten dreiviertel Jahr haben sich laut Seifert vier neue Mitspieler gemeldet, die bei den Inszenierungen mitmachen wollen. Darüber ist er froh, die Proben seines erweiterten Ensembles sollen bald beginnen.
Informationen zum Theater und zur Spendenmöglichkeit
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