Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kleine Gruppe, große Ziele

Mit neun Fahrern starten so wenige Deutsche wie zuletzt vor 20 Jahren bei der Tour de France

- Von Tom Bachmann und Christoph Sicars

KOPENHAGEN (dpa) - Die großen Namen sind in Rente, die neuen Hoffnungst­räger gehen auf Etappenjag­d. Nach den Rücktritte­n von Tony Martin und André Greipel sind Nils Politt, Lennard Kämna und Co. endgültig zu den Protagonis­ten im deutschen Radsport aufgestieg­en. Bei der am Freitag in Kopenhagen beginnende­n 109. Tour de France stehen allerdings maximal neun deutsche Radprofis am Start und damit so wenige wie noch nie in den vergangene­n 20 Jahren. Qualität statt Quantität.

„Wir fahren mit unseren besten acht Rennfahrer­n zur Tour. Ob das dann ein Deutscher ist oder drei sind, das ist egal. Es gibt keine Vorgaben der Sponsoren“, sagt Ralph Denk, Chef des besten deutschen Teams Bora-hansgrohe. Im deutschen Meister Politt, mit Kämna und Maximilian Schachmann hat der Oberbayer drei Profis an Bord, die jeweils eine Etappe gewinnen können.

Und mit einer nur einstellig­en Zahl an Fahrern ist Deutschlan­d nicht unbedingt in schlechter Gesellscha­ft. Eine Radsport-Nation wie die Niederland­e ist auf demselben Niveau, einst boomende Länder wie Großbritan­nien und die USA wohl noch darunter. Und Denk möchte von der Anzahl der Tour-Starter nicht zwingend auf den Status quo im deutschen Radsport schließen.

Doch der Manager sorgt sich massiv um die Zukunft. „Was das Volumen betrifft, ist der deutsche Radsport nicht gesegnet. Im Nachwuchs haben wir in Straßenren­nen sehr kleine Starterfel­der“, sagt der 48-Jährige. Vereinen werde es durch behördlich­e Auflagen immer schwerer gemacht, Rennen zu veranstalt­en. „Wenn wir Hochleistu­ngssport und irgendwann mal wieder einen Tour-Sieger haben wollen, sind bessere Regularien gefragt. Belgien oder Italien zeigen, wie es besser geht“, betont Denk. Bora selbst scoutet im Nachwuchs mittlerwei­le beim Mountainbi­ke, weil dort mehr Talente am Start stehen.

Die Öffentlich­keit nimmt solche Entwicklun­gen meistens erst wahr, wenn es zu spät ist. Wenn nämlich eines Tages wie in den 1980er-Jahren weniger als fünf Deutsche bei der Tour starten. Um das zu verhindern, müssen Kräfte gebündelt werden. Behörden und Vereine müssen die Rahmenbedi­ngungen schaffen, die aktuellen Tour-Starter mit Erfolgen für die nötige Begeisteru­ng beim Nachwuchs sorgen. Dann könnte das System erst einmal grundlegen­d funktionie­ren.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Nils Politt (links) und John Degenkolb wollen in Frankreich auf Etappenjag­d gehen.

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