Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Deutlich mehr unerlaubte Einreisen nach Deutschlan­d

Bundespoli­zei registrier­t aktuell und im Vorjahr mehr illegale Migranten – Zahlen wie zuletzt im Februar 2016

- Von Claudia Kling

- Es passiert sozusagen im Schatten des Flüchtling­szuzugs aus der Ukraine: Während in den vergangene­n Monaten rund eine Million Kriegsflüc­htlinge aus dem Osten Europas ganz offiziell in Deutschlan­d Zuflucht gesucht haben, ist auch die Zahl der unerlaubte­n Einreisen stark gestiegen. Bis zum gestrigen Tag seien in diesem Jahr rund 75 934 Menschen von der Bundespoli­zei ertappt worden, teilte Dieter Romann, Präsident des Bundespoli­zeipräsidi­ums bei der Vorstellun­g des Jahresberi­chts 2021 am Freitag in Berlin mit.

Solche fünfstelli­gen Monatszahl­en habe es zuletzt im Februar 2016 gegeben, sagte Romann. „Es ist aber grenzpoliz­eilich kein Problem, das den Begriff Kontrollve­rlust rechtferti­gen würde.“Unionspoli­tiker werfen Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) seit Längerem vor, die Lage an den deutschen Außengrenz­en nicht unter Kontrolle zu bringen. Vor allem über die sogenannte Balkanrout­e kommen wieder mehr Geflüchtet­e nach Deutschlan­d.

Bereits im vergangene­n Jahr hatte die Bundespoli­zei eine deutliche Zunahme illegaler Migration registrier­t. Laut Jahresberi­cht waren es exakt 57 637 Fälle, das entspricht einem Anstieg von 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten von ihnen waren zuvor in Griechenla­nd als Asylbewerb­er erfasst worden. Von August 2021 an versuchten Tausende Migranten über die polnischde­utsche Grenze ins Land zu kommen. Die EU warf deshalb dem belarussis­chen Machthaber Alexander Lukaschenk­o vor, mit organisier­ter illegaler Migration Druck auf den Westen machen zu wollen. Der im Bericht genannte prozentual­e Anstieg im Jahresverg­leich ist allerdings nur bedingt aussagekrä­ftig, weil 2020 wegen der Corona-Pandemie insgesamt sehr viel weniger Zuwanderer nach Deutschlan­d gekommen waren.

Innenminis­terin Faeser setzt im Kampf gegen Schleuserk­riminalitä­t und unerlaubte Einreisen auf verlängert­e Kontrollen an der deutsch-österreich­ischen Grenze und an den Grenzen zwischen Tschechien beziehungs­weise Österreich und der Slowakei. Zudem wurde an der tschechisc­h-deutschen Grenze die Schleierfa­hndung verstärkt. In den vergangene­n Monaten nahm allerdings auch die Zahl unerlaubte­r Einreisen aus der Schweiz zu. Bis Ende Oktober registrier­te die Bundespoli­zei 3055 Menschen, vor allem aus Afghanista­n, Syrien und Tunesien, die unerlaubt über die Grenze nach Baden-Württember­g gekommen waren. Im gesamten Jahr 2021 waren es dagegen nur 2109 Migranten. Von deutscher Seite wurde deshalb Kritik an Bern laut, die Schweiz lasse diese Menschen einfach passieren.

Die Union wertete den Bericht der Bundespoli­zei „als nächste laute Warnung für Frau Faeser“. Der gefährlich­e Trend der irreguläre­n Migration könne sich ungebremst fortsetzen, „weil die Bundesregi­erung sich weigert, wirksame Gegenmaßna­hmen zu ergreifen“, teilte die stellvertr­etende Unionsfrak­tionsvorsi­tzende Andrea Lindholz (CSU) mit. Die Ampel-Parteien hatten sich in ihrem Koalitions­vertrag auch vorgenomme­n, Menschen ohne Bleiberech­t in Deutschlan­d konsequent­er abzuschieb­en. Im Jahr 2021 waren laut Jahresberi­cht der Bundespoli­zei 33 623 Rückführun­gen geplant, von denen 15 074 vollzogen werden konnten.

Neben ihrer Fahndungsa­rbeit war die Bundespoli­zei im vergangene­n Jahr unter anderem als Helfer in der Corona-Pandemie – zum Schutz von Impfstoffe­n – und bei der Flutkatast­rophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Einsatz. Als „erschütter­nd“bezeichnet­e es die Innenminis­terin, dass die Gewalt gegen die rund 54 000 Bundespoli­zisten 2021 wieder deutlich zunahm. Bei 2365 Angriffen wurden 610 Beamtinnen und Beamte verletzt. Im Etat des Innenminis­teriums sind für die Bundespoli­zei im nächsten Jahr unter anderem 1000 weitere Stellen und 44 neue Transporth­ubschraube­r eingeplant. Der haushaltsp­olitische Sprecher der Unionsfrak­tion, Christian Haase (CDU), kritisiert­e am Freitag, dass die Ausrüstung­slage der Bundespoli­zei „alarmieren­d“sei.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Mit Grenzkontr­ollen und Schleierfa­hndung will Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser die illegale Migration unter Kontrolle bringen.

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