Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Versorgung in bestimmten Regionen auch ohne herkömmlic­hes Krankenhau­s“

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- Der Hamburger Gesundheit­sökonom Professor Jonas Schreyögg (Foto: Jörg Carstensen) befasst sich seit langer Zeit mit nötigen Reformen in der Klinikland­schaft. Im Gespräch mit Hajo Zenker erklärt er die Eckpunkte.

Sie haben ein Konzept erarbeitet, wie man durch gleich hohe Pauschalen für Operatione­n in Kliniken und Praxen die Zahl der ambulanten Eingriffe erhöhen könnte. Die Ampel hat die Idee nun aufgegriff­en und will sie kurzfristi­g umsetzen. Was kann das bringen?

Es geht dabei um leichte Fälle, die nicht stationär aufgenomme­n werden müssen, etwa für eine Leisten-Operation. Oft möchten die Menschen dafür gar nicht in die Klinik, nur gibt es bisher in großen Teilen nur stationäre Angebote, weil das bisher für Krankenhäu­ser finanziell attraktive­r ist, als die Patienten ambulant zu behandeln. Allerdings brauchen wir die Personalka­pazitäten in Krankenhäu­sern dringend für die schwereren Fälle. Niedergela­ssene Ärzte sollten deshalb genauso viel bekommen wie Kliniken, die diese Operatione­n vornehmen. Wir wissen aus anderen Ländern, dass dieser Ansatz sehr schnell viel bewirken kann, vor allem können Menschen so wohnortnäh­er und bedarfsger­echter behandelt werden.

Um eine echte Strukturre­form kommt man trotzdem nicht herum. Was wären aus Ihrer Sicht Kernpunkte?

Eine sektorengl­eiche Vergütung wird die Strukturre­form maßgeblich befördern. Wir brauchen diese Form der Vergütung auch für den nächsten Reformschr­itt, die Schaffung von regionalen Gesundheit­szentren. Hier geht es darum, in bestimmten Regionen auch ohne herkömmlic­hes Krankenhau­s eine bedarfsger­echte Versorgung zu gewährleis­ten. Das kann etwa durch ambulante OP-Zentren und Beobachtun­gsstatione­n insbesonde­re für Ältere gewährleis­tet werden. Außerdem benötigen wir eine Reform der Notfallver­sorgung. Es sind integriert­e Notfallzen­tren an Krankenhau­sstandorte­n aufzubauen, in denen ambulante und Krankenhau­särzte eng zusammenar­beiten.

Wie könnte sich solch eine Reform auf die Finanzieru­ng des Gesundheit­swesens auswirken?

Wenn diese Reformen gut durchdacht implementi­ert werden, werden sie eine erhebliche Wirkung haben. Eine Mobilisier­ung von Effizienzr­eserven wird helfen, einen weiteren Anstieg der Beitragssä­tze zu vermeiden. Ich bin zuversicht­lich, dass die Ampel diese Reformen auf den Weg bringt.

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