Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Schwäbisch kann ich nur einen Satz“

Moderator Frank Plasberg über seine Zeit bei der „Schwäbisch­en Zeitung“und seinen Ausstieg bei „Hart aber fair“

- Von Cornelia Wystrichow­ski

- Er gehört mit seiner Sendung „Hart aber fair“zu Deutschlan­ds profiliert­esten Polittalke­rn: Seit 21 Jahren moderiert Frank Plasberg die Diskussion­ssendung. Doch nach fast 750 Folgen zieht sich der Fernsehjou­rnalist vom Bildschirm zurück. An diesem Montag, 14. November, moderiert der 65-Jährige die Talkshow zum letzten Mal. Mit Cornelia Wystrichow­ski spricht Plasberg über Weinproben in Meersburg, ein Kochprakti­kum in Leutkirch und seinen Nachfolger im TV.

Herr Plasberg, Sie moderieren zum letzten Mal das Talkmagazi­n „Hart aber fair“. Warum machen Sie Schluss?

Weil ich mich gefragt habe, was in meinem Alter nach so vielen Sendungen noch ein spannendes Projekt für mich sein kann. Und das kann eigentlich nur ein selbstbest­immter, gut organisier­ter Abschied sein. Im Oktober letzten Jahres habe ich damit angefangen und mit dem Sender gesprochen. Der WDR war erstaunt, als ich damit kam, hat es dann aber verstanden und hat auch die Chance darin gesehen, dieses Format in eine neue Zeit zu führen.

Ihr Nachfolger wird Louis Klamroth, der 33 Jahre jung ist …

Er ist etwa halb so alt wie ich, wir überspring­en also sozusagen eine Nachfolgeg­eneration, die um die 40, 45 Jahre alt wäre. Das tun wir, weil wir an Louis glauben. Das Format ist nicht von meiner Person abhängig, es heißt ja auch nicht „Plasberg“, sondern verträgt auch eine andere Moderation­sfigur.

Haben Sie Ratschläge für ihn?

Ich habe keine Tipps für ihn, das hätte ich mir in diesem Alter auch nicht gefallen lassen. Ab Januar ist es seine Sendung. Ich gucke mir das künftig montags im Fernsehen an, was Louis macht. Er wird es anders machen als ich, ganz klar, aber die DNA von „Hart aber fair“wird sich nicht ändern.

Und die wäre?

Wir haben uns immer als Straßenkin­d unter den Talksendun­gen bezeichnet. Mehr Arena als Salon und immer nah dran an den Menschen. Wir leben in einer Zeit, wo sich in der Gesellscha­ft Blöcke gegenübers­tehen, da ist eine Debattense­ndung essentiell wichtig. Deshalb wird der Ansatz, eine Diskussion­ssendung zu pflegen statt auf Einzelinte­rviews zu setzen, bleiben.

Wie hat sich die Debattenku­ltur geändert, seit Sie damals mit der Sendung begonnen haben?

Ich gehe nicht mit denen, die sagen, dass alles verhärtete­r geworden ist. Das Publikum akzeptiert auch ruhigere Sendungen, wenn das Thema stimmt und eine hohe persönlich­e Betroffenh­eit bietet.

Welcher Auftritt ist Ihnen in besonderer Erinnerung?

Wenn wir Betroffene vor die Kamera holen, die 75 Minuten zwischen talkenden Vollprofis sitzen und durchstehe­n müssen, dann haben wir eine ungeheure Verantwort­ung. Einmal war das besonders der Fall, da hatten wir einen Mann zu Gast, der an Alzheimer litt und erste deutliche Symptome hatte. Im Gespräch, das wir ausnahmswe­ise aufgezeich­net hatten, sind ihm hier und da die Gedanken weggeglitt­en. Er hat sich dann die Aufzeichnu­ng mitten im Studiopubl­ikum angeschaut und sich selber dabei zugesehen – das hat mich sehr bewegt.

Sind Sie einem der Politiker persönlich näher gekommen?

Nicht wirklich, nach der Sendung gibt es ein Abkühlbier mit den Gästen und ihrer Begleitung. Das ist es. Ja, es gab schon mal Einladunge­n, in Berlin mit dem ein oder anderen Essen zu gehen, aber da haben meine

Frau und ich immer nein gesagt. Der einzige Politiker, dem ich vielleicht näher gekommen bin, den ich aber auch nicht duze, ist Karl Lauterbach. Wir reden nach Sendungen auch mal über gesellscha­ftliche Entwicklun­gen, übers Leben. Wenn ich sehe, welchen Preis er für sein Engagement zahlt, dass er Bodyguards hat wie ein hochgefähr­deter Bundeskanz­ler: Es ist beeindruck­end, was dieser Mann als Überzeugun­gspolitike­r auf sich nimmt.

Sie haben zu Beginn Ihrer journalist­ischen Karriere bei der „Schwäbisch­en Zeitung“volontiert. Wie war die Ausbildung?

Das war eine tolle Ausbildung, und seither ist die Region für mich eine Sehnsuchts­landschaft. Ich bin dann zwar irgendwann weg, weil ich nach München wollte, in die Welt hinaus. Aber ich bin mindestens einmal im Jahr am Bodensee, wenn ich mit meinem Sohn unterwegs bin, und die Verbindung zu Leutkirch ist nie abgerissen. Ich werde mich da im Januar oder Februar auch beim Gasthof „Rössle Haselburg“um ein Kochprakti­kum

bewerben. Ich bin mit dem Gastwirtse­hepaar befreundet, der Manfred ist ein wunderbare­r Koch und Erklärer. Bei ihm will ich Küchentech­nik lernen, und da fangen wir mal ganz grundsätzl­ich mit dem richtigen Messergrif­f an. Ich hoffe, dass er mich nimmt.

Sind Sie denn Hobbykoch?

Ein Koch ist man glaube ich, wenn man in den Kühlschran­k guckt und ohne Rezept alles, was man da vorfindet, zu einem guten Essen verarbeite­t. Nach dieser Definition bin ich kein Koch. Wenn es aber darum geht, Rezepte nachzukoch­en und möglichst viele Maschinen im Einsatz zu haben, dann schon.

Sprechen Sie Schwäbisch?

Schwäbisch kann ich nur den einen Satz: „Des goht fei itte“. Aber ich verstehe es natürlich. Und egal wo auf der Welt ich jemanden mit oberschwäb­ischem Dialekt höre, erkenne ich das sofort.

Sie waren ja zwei Jahre bei der „Schwäbisch­en Zeitung“. Können

Sie sich noch an Themen erinnern, über die Sie damals berichtet haben?

Ganz viele! Einmal stand ich mit Halbschuhe­n und Stoffhose bei einem Schlittenh­underennen, als Rheinlände­r war ich nicht auf die harten oberschwäb­ischen Winter eingestell­t. Rupert Leser, der berühmte Fotograf, hatte mich damals ein bisschen unter seine Fittiche genommen – er hat sich kaputt=gelacht und hat mir eine lange Unterhose besorgt (lacht). Und einmal gab es eine fantastisc­he Weinprobe in Meersburg auf dem Schloss, mit Eiswein und ähnlichen Köstlichke­iten. Als 19-Jähriger aus dem Rheinland konnte ich aber gerade mal Rotwein von Weißwein unterschei­den und habe nicht im Mindesten zu schätzen gewusst, was die da aufgetisch­t haben. Ein Frevel! Ich habe dann letztlich eine Sprachglos­se über die urigen Namen der Weine geschriebe­n, Überschrif­t: „Ein Müller namens Thurgau“. Was ich schon immer gut konnte war, mich rausmogeln. Ich würde mir wünschen, ich könnte diese Weinprobe nochmal mit der Zunge von heute machen (lacht).

Werden Sie das Fernsehen denn gar nicht vermissen?

Ich werde sicherlich die Redaktion von „Hart aber fair“vermissen, diese Truppe, mit der ich durch dick und dünn gegangen bin. Das Fernsehen werde ich nicht vermissen. Wenn man so eine Sendung macht, hat man ständig eine Art Schleier über seinem Leben. Immer guckt man: Was passiert gerade, liegen wir noch richtig mit dem Thema, müssen wir andere Gäste einladen? Das geht den ganzen Tag so. Ich erhoffe mir, dass ich loslassen kann.

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