Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Bauplatz-Krise
Städte im Laucherttal bleiben zunehmend auf ihren Grundstücken sitzen
LAUCHERTTAL - Landauf, landab haben die Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren die gleiche Erfahrung gemacht: Weil sich etliche Bauherren den Traum vom Eigenheim erfüllten, kamen die Kommunen mit der Erschließung neuer Bauplätze kaum noch hinterher. Jetzt allerdings deutet sich eine Trendwende an.
Das zeigt unter anderem das Beispiel Gammertingen. Weil die Nachfrage größer war als das Angebot, wurden die Bauplätze dort zuletzt nach einem vorher festgelegten Kriterienkatalog vergeben. Von 25 Bauplätzen in der Kernstadt blieben lediglich drei übrig, von 19 Grundstücken im Ortsteil Feldhausen noch elf. Für diese startete die Stadt im Oktober ein weiteres Vergabeverfahren, das nun beendet ist.
Von Enttäuschung will Ordnungsamtsleiter Dominik Früh mit Blick auf das Ergebnis nicht sprechen. „Schließlich ist es ja von Vorteil, auch Bauplätze für die Zukunft bereithalten zu können“, sagt er. Überrascht sei er aber dennoch: Für die vier Bauplätze in der Kernstadt – ein früherer Interessent hat seine Anfrage inzwischen zurückgezogen – habe es etwa doppelt so viele Bewerbungen gegeben. „Dabei war das Feld der
Interessenten eigentlich deutlich größer“, sagt Früh.
Noch bemerkenswerter aber ist die Entwicklung in Feldhausen. Die Anzahl der Bewerber dort: null. Nach Gründen dafür muss Ortsvorsteher Hans Steinhart nicht lange suchen. „Meines Erachtens liegt das eindeutig an der bevorstehenden Wirtschaftskrise und den jüngsten Zinserhöhungen“, sagt er. Bei den immensen Kosten für ein Einfamilienhaus mache es eben einen enormen Unterschied, ob jemand ein oder vier Prozent Zinsen für seinen Kredit bezahlen muss.
„Vier Prozent Zinsen bedeuten für einen Normalverdiener eine ordentliche Summe“, sagt Steinhart. Damit, dass die Grundstücke jetzt erst einmal nicht bebaut werden, kann er trotzdem gut leben. „Jetzt haben wir eben einen Vorrat.“
Dass sich die Folgen von UkraineKrieg, Wirtschaftskrise und Zinserhöhungen deutlich bemerkbar machen, bestätigt auch Dagmar Kuster,
Bürgermeisterin der Stadt Hettingen. „Das Interesse an Bauplätzen ist grundsätzlich erkaltet, wir verzeichnen wesentlich weniger Anfragen“, sagt sie.
In der Vergangenheit hätten sich wöchentlich neue Interessenten gemeldet, inzwischen nahezu keine mehr. In Inneringen gebe es acht neue Bauplätze, von denen vier bereits verkauft seien. „Für die verbleibenden Grundstücke liegen uns zwar zwei, drei Reservierungen vor“, sagt Kuster. „Ob diese tatsächlich relevant werden, ist derzeit aber offen.“
Die Erschließung 16 neuer Bauplätze in Hettingen soll in diesen Tagen trotzdem beginnen. „Die Arbeiten sind bereits vergeben, auch deshalb gibt es kein Zurück mehr“, sagt die Bürgermeisterin. Dafür sehe sie allerdings auch keine Notwendigkeit. Etwa für die Hälfte der Baugrundstücke hätten sich bereits Interessenten gemeldet. Gleichwohl bleibt auch in diesem Fall die Frage offen, ob sie am Ende tatsächlich zugreifen. Im Frühjahr 2023 sollen die Grundstücke jedenfalls baureif seien.
Veringenstadt wiederum hat auf die zunehmende Verunsicherung potenzieller Bauherren bereits reagiert. „Eigentlich wollten wir das Wohngebiet ,Deutstetter Berg V’ mit seinen rund 30 Bauplätzen direkt komplett erschließen“, sagt Bürgermeister Maik Rautenberg. Von diesem Plan sei die Stadt inzwischen aber abgerückt. Stattdessen sollen erst einmal nur 15 Grundstücke vorbereitet werden – neun davon für einen Investor, der Gartenhofhäuser errichten will. „Mit ihm sind wir im Gespräch“, sagt Hauptamtsleiterin Lisa Arnold. „Wir sind zuversichtlich, dass der Verkauf gelingt.“
Für vier freie Bauplätze im Ortsteil Hermentingen liegt der Stadt derzeit eine Reservierung vor. Von fünf neuen Bauplätzen in Veringendorf ist noch kein einziger verkauft. „Dabei gab es eigentlich viele Interessenten“, sagt Ortsvorsteher Michael Witte. „Bei allen ist es letztlich aber an der Finanzierung des Hauses gescheitert.“
Grundsätzlich gebe es auch weiterhin Interesse an Baugrundstücken in Veringenstadt und den beiden Ortsteilen, sagt Lisa Arnold. „Entsprechende Anfragen erreichen uns immer wieder mal“, so die Hauptamtsleiterin. „Viele Leute sagen inzwischen aber auch: Das kann ich mir jetzt einfach nicht mehr leisten.“
„Das Interesse an Bauplätzen ist grundsätzlich erkaltet, wir verzeichnen wesentlich weniger Anfragen.“Dagmar Kuster, Bürgermeisterin Stadt Hettingen