Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Bauplatz-Krise

Städte im Lauchertta­l bleiben zunehmend auf ihren Grundstück­en sitzen

- Von Sebastian Korinth ●

LAUCHERTTA­L - Landauf, landab haben die Städte und Gemeinden in den vergangene­n Jahren die gleiche Erfahrung gemacht: Weil sich etliche Bauherren den Traum vom Eigenheim erfüllten, kamen die Kommunen mit der Erschließu­ng neuer Bauplätze kaum noch hinterher. Jetzt allerdings deutet sich eine Trendwende an.

Das zeigt unter anderem das Beispiel Gammerting­en. Weil die Nachfrage größer war als das Angebot, wurden die Bauplätze dort zuletzt nach einem vorher festgelegt­en Kriterienk­atalog vergeben. Von 25 Bauplätzen in der Kernstadt blieben lediglich drei übrig, von 19 Grundstück­en im Ortsteil Feldhausen noch elf. Für diese startete die Stadt im Oktober ein weiteres Vergabever­fahren, das nun beendet ist.

Von Enttäuschu­ng will Ordnungsam­tsleiter Dominik Früh mit Blick auf das Ergebnis nicht sprechen. „Schließlic­h ist es ja von Vorteil, auch Bauplätze für die Zukunft bereithalt­en zu können“, sagt er. Überrascht sei er aber dennoch: Für die vier Bauplätze in der Kernstadt – ein früherer Interessen­t hat seine Anfrage inzwischen zurückgezo­gen – habe es etwa doppelt so viele Bewerbunge­n gegeben. „Dabei war das Feld der

Interessen­ten eigentlich deutlich größer“, sagt Früh.

Noch bemerkensw­erter aber ist die Entwicklun­g in Feldhausen. Die Anzahl der Bewerber dort: null. Nach Gründen dafür muss Ortsvorste­her Hans Steinhart nicht lange suchen. „Meines Erachtens liegt das eindeutig an der bevorstehe­nden Wirtschaft­skrise und den jüngsten Zinserhöhu­ngen“, sagt er. Bei den immensen Kosten für ein Einfamilie­nhaus mache es eben einen enormen Unterschie­d, ob jemand ein oder vier Prozent Zinsen für seinen Kredit bezahlen muss.

„Vier Prozent Zinsen bedeuten für einen Normalverd­iener eine ordentlich­e Summe“, sagt Steinhart. Damit, dass die Grundstück­e jetzt erst einmal nicht bebaut werden, kann er trotzdem gut leben. „Jetzt haben wir eben einen Vorrat.“

Dass sich die Folgen von UkraineKri­eg, Wirtschaft­skrise und Zinserhöhu­ngen deutlich bemerkbar machen, bestätigt auch Dagmar Kuster,

Bürgermeis­terin der Stadt Hettingen. „Das Interesse an Bauplätzen ist grundsätzl­ich erkaltet, wir verzeichne­n wesentlich weniger Anfragen“, sagt sie.

In der Vergangenh­eit hätten sich wöchentlic­h neue Interessen­ten gemeldet, inzwischen nahezu keine mehr. In Inneringen gebe es acht neue Bauplätze, von denen vier bereits verkauft seien. „Für die verbleiben­den Grundstück­e liegen uns zwar zwei, drei Reservieru­ngen vor“, sagt Kuster. „Ob diese tatsächlic­h relevant werden, ist derzeit aber offen.“

Die Erschließu­ng 16 neuer Bauplätze in Hettingen soll in diesen Tagen trotzdem beginnen. „Die Arbeiten sind bereits vergeben, auch deshalb gibt es kein Zurück mehr“, sagt die Bürgermeis­terin. Dafür sehe sie allerdings auch keine Notwendigk­eit. Etwa für die Hälfte der Baugrundst­ücke hätten sich bereits Interessen­ten gemeldet. Gleichwohl bleibt auch in diesem Fall die Frage offen, ob sie am Ende tatsächlic­h zugreifen. Im Frühjahr 2023 sollen die Grundstück­e jedenfalls baureif seien.

Veringenst­adt wiederum hat auf die zunehmende Verunsiche­rung potenziell­er Bauherren bereits reagiert. „Eigentlich wollten wir das Wohngebiet ,Deutstette­r Berg V’ mit seinen rund 30 Bauplätzen direkt komplett erschließe­n“, sagt Bürgermeis­ter Maik Rautenberg. Von diesem Plan sei die Stadt inzwischen aber abgerückt. Stattdesse­n sollen erst einmal nur 15 Grundstück­e vorbereite­t werden – neun davon für einen Investor, der Gartenhofh­äuser errichten will. „Mit ihm sind wir im Gespräch“, sagt Hauptamtsl­eiterin Lisa Arnold. „Wir sind zuversicht­lich, dass der Verkauf gelingt.“

Für vier freie Bauplätze im Ortsteil Hermenting­en liegt der Stadt derzeit eine Reservieru­ng vor. Von fünf neuen Bauplätzen in Veringendo­rf ist noch kein einziger verkauft. „Dabei gab es eigentlich viele Interessen­ten“, sagt Ortsvorste­her Michael Witte. „Bei allen ist es letztlich aber an der Finanzieru­ng des Hauses gescheiter­t.“

Grundsätzl­ich gebe es auch weiterhin Interesse an Baugrundst­ücken in Veringenst­adt und den beiden Ortsteilen, sagt Lisa Arnold. „Entspreche­nde Anfragen erreichen uns immer wieder mal“, so die Hauptamtsl­eiterin. „Viele Leute sagen inzwischen aber auch: Das kann ich mir jetzt einfach nicht mehr leisten.“

„Das Interesse an Bauplätzen ist grundsätzl­ich erkaltet, wir verzeichne­n wesentlich weniger Anfragen.“Dagmar Kuster, Bürgermeis­terin Stadt Hettingen

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Interesse gleich null: Von den fünf neuen Bauplätzen in Veringendo­rf wurde bislang kein einziger verkauft. „Dabei gab es eigentlich viele Interessen­ten“, sagt Ortsvorste­her Michael Witte.

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