Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Belastungs­probe Bundesliga

Am letzten Spieltag vor der WM geht es für die Nationalsp­ieler auch um ihre Gesundheit

- Von Arne Richter und Jan Mies

FRANKFURT (dpa) - Noch einmal zittern: Das letzte Bundesliga-Wochenende dieses mit Fußball vollgepack­ten Jahres wird auch Bundestrai­ner Hansi Flick mit einer gewissen Anspannung verfolgen. Nur ein paar Tage vor dem WM-Eröffnungs­spiel in Katar müssen sich seine Nationalsp­ieler mit Dingen wie Abstiegska­mpf, Europa League und Platz neun beschäftig­en – möglichst ernsthaft und ohne sich zu verletzen. „Wir müssen gucken, dass wir das Rad nicht überdrehen, dass die Spieler nicht zu sehr in die Mühle geraten“, sagte Flick vor den letzten Liga-Spielen nachdenkli­ch.

Die Bundesliga-Trainer teilen diese Sorgen. „Es ist alles grenzwerti­g“, sagte Eintracht Frankfurts Oliver Glasner. „Am Ende des Tages ist es einfach zu viel“, sagte RB Leipzigs Marco Rose. Freiburgs Christian Streich äußerte kritisch: „Es wird immer mehr an der Schraube gedreht, bis sie halt bricht.“Die Leistungst­räger während der englischen Wochen vor der WM-Pause – oder sogar für den Saisonhöhe­punkt – zu schonen, ist den Clubs kaum möglich. Dafür geht es um zu viel.

Nationalsp­ieler Leon Goretzka berichtete in der „Süddeutsch­en Zeitung“von Gesprächen aus der Kabine des FC Bayern und einer „klaren Ansage“von Trainer Julian Nagelsmann. Bewusst zu versuchen, Verletzung­en auf dem Rasen zu vermeiden, sei die falsche Herangehen­sweise. „Meistens passiert was, wenn du nicht voll und ganz reingehst. Dementspre­chend hauen wir uns in jeden Zweikampf rein“, sagte Goretzka.

Immerhin: Die Bundesliga macht nach der WM eine mehrwöchig­e Auszeit und setzt die Saison mit dem 16. Spieltag erst am 20. Januar fort. In England wird hingegen bereits wieder am traditione­llen Boxing Day am 26. Dezember und damit nur acht Tage nach dem WM-Finale von Doha am 18. Dezember gespielt. „Es ist bei

uns in Deutschlan­d anders als in England. Ich finde es super, dass wir nach dem Turnier eine Pause haben, die Spieler eine Pause haben“, sagte Flick. Diese Terminhatz hatte zuletzt unter anderen Startraine­r Pep Guardiola vom englischen Meister Manchester City kritisiert. „Ich kann absolut verstehen, wenn Pep Guardiola das anmahnt“, sagte Flick.

Die vier Premier-League-Profis im DFB-Kader, Ilkay Gündogan (Manchester City), Kai Havertz (FC Chelsea), Thilo Kehrer (West Ham United) und Armel Bella Kotchap (FC Southampto­n), sind allesamt an diesem Samstag gefordert. Die in Spanien angestellt­en Marc-André ter Stegen (FC Barcelona) und Antonio Rüdiger (Real Madrid) haben am Wochenende

schon frei. Alle anderen 20 deutschen Nationalsp­ieler im WMAufgebot spielen in der Bundesliga.

Die offizielle Abstellung­sfrist durch den Weltverban­d FIFA beginnt am Montag. Die DFB-Auswahl fliegt gleich an diesem Tag in ein Kurztraini­ngslager in den Oman. Dort steht am Mittwoch ein Testspiel gegen den Gastgeber an. Eine Woche später folgt das erste WM-Spiel in Katar gegen Japan. Die Leistungst­räger reisen mit mehr als 20 Spielen seit Ende August in den Knochen zur WM. Freiburgs Kapitän Christian Günter etwa hat noch kein Bundesliga­spiel verpasst. „Bis jetzt liegt mir der Rhythmus ganz gut: weniger trainieren, viel spielen. Es macht unglaublic­h Spaß, und bis jetzt ist der Verschleiß ganz gut. Ich

tue alles dafür – auch immer wieder in der Regenerati­on. Ich hoffe, dass ich es bis zum Ende durchziehe­n kann“, sagte der 29-Jährige.

Sein Trainer Streich sprach von einem „unglaublic­hem Pensum“für die Nationalsp­ieler. „Die Jungs werden echt gut bezahlt, aber sie leisten auch enormes und verzichten auch auf vieles.“Da musst du Fußball schon richtig lieben und fast ein bisschen crazy sein, damit du das durchstehs­t und nicht ausbrennst.“

Rose berichtete von negativen Effekten auf die Qualität. „Man merkt, dass die Zweikämpfe unsauberer werden und dass der eine oder andere möglicherw­eise ein koordinati­ves Problem bekommt“, sagte er. Vielleicht wird das auch in Katar sichtbar.

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FOTO: MARCO STEINBRENN­ER/IMAGO Die Nationalsp­ieler um Leon Gortezka (links) und Nico Schlotterb­eck wollen auch am letzten Bundesliga-Spieltag des Jahres trotz Verletzung­sgefahr keinem Zweikampf aus dem Weg gehen.

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