Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wegweiser durch den Titel-Dschungel

Karrierele­vel in Stellenanz­eigen sind nicht klar definiert – Experten raten zu Mut

- Von Anke Dankers

Dman●sie a hat endlich gefunden: die eine Stelle, für die das Herz ein kleines bisschen schneller schlägt. Nur das Wörtchen „Senior“sorgt für Unbehagen und lässt manchen verwirrten Bewerber mit der Frage zurück: Wer bin ich eigentlich?

Junior, Regular, Senior, Team Lead, Head of oder Expert – so vielfältig wie die Karrierele­vel in Stellenanz­eigen sind oft auch die Anforderun­gsprofile, die hinter der Anzeige stecken. Denn Expert ist nicht gleich Expert. „Die Karriereti­tel sind sehr individuel­l und spezifisch“, sagt Arne Adrian, Vorsitzend­er des Fachverban­ds Personalbe­ratung im Bundesverb­and Deutscher Unternehme­nsberatung­en.

Während vor rund 15 Jahren noch klar war, wer mit der einen oder anderen Positionsb­ezeichnung gemeint war, veränderte die Start-UpSzene diese Einheitlic­hkeit grundlegen­d. „Als die New-Economy-Industry stärker wurde, konnte man deutlich früher und mit weniger Berufserfa­hrung, aber aufgrund von fachlicher Eignung, besonderer Kreativitä­t oder Persönlich­keit bereits Führungspo­sitionen einnehmen“, erklärt der Experte.

Zudem habe der Bedarf an Nachwuchsk­räften die Kreativitä­t der Unternehme­n gefördert, „um mit spannenden Karriereti­teln Menschen an Bord zu locken und die eigene Attraktivi­tät etwas zu pushen“.

Und doch, ein paar Orientieru­ngspunkte im Dschungel der Karrierebe­zeichnunge­n gibt es, wie Inga Dransfeld-Haase, Präsidenti­n des Bundesverb­ands der Personalma­nager, sagt: „Der Junior ist der Berufseins­teiger. Der Regular hat Berufserfa­hrung. Der Senior ist die sehr erfahrene Fachkraft. Ein Team Lead impliziert Führungsve­rantwortun­g. Ein Head of leitet die Abteilung und ein Expert verfügt über sehr fundiertes Fachwissen und ist für einen sehr speziellen Bereich

zuständig.“Soweit zur Theorie. Doch wer gilt als berufserfa­hren und wer als Fachkraft? Das kommt auch auf die Branche an, wie Arne Adrian sagt. „Wenn Sie in sehr komplexen und herausford­ernden Verantwort­lichkeiten sind, etwa als Arzt, dann würde ich Sie nach drei Jahren nicht als Senior bezeichnen.“

Anders sehe es beispielsw­eise aus, wenn jemand drei Jahre lang in einer Werbeagent­ur Medienbudg­ets der Kunden verantwort­et. „Dort reichen drei Jahre eventuell aus, um alle relevanten Erfahrunge­n gemacht zu haben, die man in diesem Bereich machen muss“, so Adrian. Junior-Stellen gäbe es dagegen kaum noch, „weil es selbst für Hochschula­bsolventen nicht mehr so attraktiv zu sein scheint, der Junior in einem Team zu sein.“

Um herauszufi­nden, welche Stelle zu einem passt, empfiehlt Adrian sich nicht nur mit der Stellenanz­eige, sondern auch mit dem Unternehme­n selbst auseinande­rzusetzen. „Man

kann schauen, wer dort in vergleichb­aren Rollen arbeitet und welches Level diese Mitarbeite­r haben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was gefordert ist.“

In jedem Fall lohnt ein sorgfältig­er Blick auf die Stellenaus­schreibung­en und das darin geforderte Profil. „Prüfen Sie die Aufgabenge­biete und Qualifikat­ionen in der Stellenaus­schreibung. Vergleiche­n Sie diese mit Ihrem Lebenslauf. Wenn Sie eine Passung feststelle­n, dann rate ich zur Bewerbung und Klärung noch offener Punkte im Bewerbungs­gespräch“, sagt Inga Dransfeld-Haase.

Auch Jörg Stelzer, Berufsbera­ter bei der Bundesagen­tur für Arbeit rät, „sich nicht zu sehr von den Anforderun­gen einschücht­ern zu lassen, sondern selbstbewu­sst zu dem zu stehen, was man kann“. Aus Gesprächen mit Personalve­rantwortli­chen weiß er: Den meisten Unternehme­n reicht es, wenn der Bewerber 70 Prozent des Anforderun­gsprofils erfüllt.

Aufgrund des Fachkräfte­mangels sind inzwischen auch die Unternehme­n gefordert, mehr auf ihre Bewerber zuzugehen. „Sie müssen sich sehr viel mehr talentorie­ntiert mit dem Arbeitsmar­kt auseinande­rsetzen“, sagt Adrian. Das bietet eine

Chance für Bewerber. „Ich würde immer kreativ über mein Leben nachdenken. Was habe ich in den letzten Jahren gelernt, das vielleicht äquivalent sein könnte zu den geforderte­n Erfahrunge­n aus der Unternehme­nsperspekt­ive“, rät Adrian.

Vieles, wie etwa IT- oder Sprachkenn­tnisse ließen sich nachholen. Wer schon als Jugendlich­er im Einzelhand­el verkaufen gelernt habe, könne damit eventuell fehlende Sales-Erfahrung kompensier­en. „Schwierig wird es bei medizinisc­hen oder technische­n Berufen, die ganz bestimmte Kenntnisse erfordern. Das kann man nicht kompensier­en“, gibt Adrian zu bedenken.

Im Zweifel aber, da sind sich die Experten sicher, solle man in jedem Fall eine Bewerbung wagen. „Ist die Stellenaus­schreibung nicht ganz klar, rate ich zu Mut. Werfen Sie Ihren Hut in den Ring und klären Sie im Bewerbungs­gespräch, was die genauen Anforderun­gen sind“, rät Dransfeld-Haase.

Und auch Stelzer empfiehlt, „immer erst nach dem Interesse zu suchen. Karrierele­vel sind dann Ergänzunge­n. Wenn ich in der Bewerbung rüberbring­en kann, warum das genau meine Stelle ist, kann ich auch Interesse wecken.“(dpa)

„Ist die Stellenaus­schreibung nicht ganz klar, rate ich zu Mut.“Inga Dransfeld-Haase, Präsidenti­n des Bundesverb­ands der Personalma­nager

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Karrierele­vel in Stellenanz­eigen folgen keiner einheitlic­hen Definition.

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