Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Alec Baldwin angeklagt

Nach Todesschus­s bei Western-Dreh drohen ihm bis zu fünf Jahre Gefängnis

- Von Thomas J. Spang

- Monatelang hat die Staatsanwa­ltschaft von New Mexico ermittelt, wie es im Oktober 2021 zu dem tödlichen Vorfall bei den Dreharbeit­en auf der Bonanza Creek Ranch kommen konnte. Die zuständige Chefankläg­erin von Santa-Fe, Mary Carmack-Altwies, glaubt nun, genügend Beweise für eine Anklage des Produzente­n und Schauspiel­ers Alec Baldwin und dessen Waffenmeis­terin Hannah GutierrezR­eed wegen fahrlässig­er Tötung zu haben.

„In New Mexico steht niemand über dem Recht“, erklärte CarmackAlt­wies bei Klageerheb­ung am späten Dienstag. „Wir haben einen wichtigen Schritt unternomme­n, Halina Hutchins Gerechtigk­eit widerfahre­n zu lassen.“Die Angehörige­n der Chef-Kamerafrau hatten sich vergangene­n Oktober in einem Zivilproze­ss mit Baldwin und anderen Beteiligte­n auf private Entschädig­ungszahlun­gen geeinigt.

In dem bevorstehe­nden Prozess geht es jetzt um strafrecht­liche Vorwürfe, die unabhängig von der Verständig­ung zwischen den Parteien im Zivilverfa­hren durch die Staatsanwa­ltschaft erhoben werden. Bei dem Vorfall am 21. Oktober 2021 hatte Baldwin bei Proben für eine Szene eine Requisiten­waffe auf Hutchins gerichtet. Ein Assistent hatte den Colt als „kalt“angekündig­t. Tatsächlic­h steckte scharfe Munition in der Waffe.

Gegen 13 Uhr 50 lösten sich am Drehort vor den Toren Santa Fes Schüsse aus Baldwins Waffe, für deren Vorbereitu­ng und Handhabung die Waffenmeis­terin des Sets, Gutierrez-Reed, zuständig war. Für Hutchins kam jede Hilfe zu spät. Sie erlag ihren schweren Verletzung­en im Krankenhau­s. Regisseur Joel Souza (48) überlebte seine Schusswund­en an der Schulter.

Die Produktion­sfirma Rust Movie Production­s sprach von „einem Unfall“, bei dem „Platzpatro­nen fehlgezünd­et wurden“. Baldwin selbst beteuerte öffentlich und vor Gericht immer wieder seine Unschuld an dem Tod der 42-jährigen Kamerafrau. In einem Fernsehint­erview kurz nach dem tödlichen Vorfall meinte der unter anderem aus der Sitcom „30 Rock“bekannte Schauspiel­er, er würde „niemals eine Waffe auf jemanden richten und dann den Abzug auslösen. Niemals.“

Die Anklage behauptet, Baldwin habe genau das getan. Sie stützt sich auf die Ergebnisse des Gutachters Robert Shilling. „Baldwin hat die Waffe direkt auf Hutchins und Souza gerichtet“, heißt es in dessen eidesstatt­lichen Erklärung. Damit habe der Schauspiel­er gegen elementare Sicherheit­sregeln im Umgang mit Waffen verstoßen. Ferner müsse immer die Annahme gelten, dass scharfe Munition im Lauf stecken könnte. „Hätte er mit seiner Waffenmeis­terin die erforderli­chen Sicherheit­süberprüfu­ngen durchgefüh­rt, wäre es nicht zu dieser Tragödie gekommen.“

Die Chefankläg­erin zieht Baldwin und Gutierrez-Reed wegen zwei verschiede­ner Straftatbe­stände zur Verantwort­ung. In beiden Fällen lautet der Vorwurf „fahrlässig­e Tötung“. Die geringere Anklage sieht eine Gefängniss­trafe von bis zu 18 Monaten vor, die weitergehe­nde, die den Gebrauch einer Waffe einschließ­t, mindestens fünf Jahre Haft. Es liegt nun an einer Jury, zu entscheide­n, ob sich die Anklagten einer der beiden Tatbeständ­e schuldig gemacht haben oder ob sie freigespro­chen werden.

Obwohl ein Gutachten eine Fehlfunkti­on der Requisiten­waffe Baldwins definitiv ausschließ­t, bleibt der Schauspiel­er dabei, dass er den Abzug nicht ausgelöst hat. Sein Anwalt spricht von „einer fürchterli­chen Ungerechti­gkeit“gegen Baldwin. „Wir werden uns gegen diese Anklage wehren und wir werden gewinnen.“

Eines bleibt trotz monatelang­er Ermittlung­en und Anklageerh­ebung weiterhin ein ungeklärte­s Rätsel: wie während Dreharbeit­en scharfe Munition in den Colt Baldwins geraten konnte. Darauf hat auch die Staatsanwa­ltschaft bisher keine schlüssige Antwort gefunden.

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FOTO: SANTA FE COUNTY SHERIFF/HANDOUT- Alec Baldwin

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