Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Alec Baldwin angeklagt
Nach Todesschuss bei Western-Dreh drohen ihm bis zu fünf Jahre Gefängnis
- Monatelang hat die Staatsanwaltschaft von New Mexico ermittelt, wie es im Oktober 2021 zu dem tödlichen Vorfall bei den Dreharbeiten auf der Bonanza Creek Ranch kommen konnte. Die zuständige Chefanklägerin von Santa-Fe, Mary Carmack-Altwies, glaubt nun, genügend Beweise für eine Anklage des Produzenten und Schauspielers Alec Baldwin und dessen Waffenmeisterin Hannah GutierrezReed wegen fahrlässiger Tötung zu haben.
„In New Mexico steht niemand über dem Recht“, erklärte CarmackAltwies bei Klageerhebung am späten Dienstag. „Wir haben einen wichtigen Schritt unternommen, Halina Hutchins Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“Die Angehörigen der Chef-Kamerafrau hatten sich vergangenen Oktober in einem Zivilprozess mit Baldwin und anderen Beteiligten auf private Entschädigungszahlungen geeinigt.
In dem bevorstehenden Prozess geht es jetzt um strafrechtliche Vorwürfe, die unabhängig von der Verständigung zwischen den Parteien im Zivilverfahren durch die Staatsanwaltschaft erhoben werden. Bei dem Vorfall am 21. Oktober 2021 hatte Baldwin bei Proben für eine Szene eine Requisitenwaffe auf Hutchins gerichtet. Ein Assistent hatte den Colt als „kalt“angekündigt. Tatsächlich steckte scharfe Munition in der Waffe.
Gegen 13 Uhr 50 lösten sich am Drehort vor den Toren Santa Fes Schüsse aus Baldwins Waffe, für deren Vorbereitung und Handhabung die Waffenmeisterin des Sets, Gutierrez-Reed, zuständig war. Für Hutchins kam jede Hilfe zu spät. Sie erlag ihren schweren Verletzungen im Krankenhaus. Regisseur Joel Souza (48) überlebte seine Schusswunden an der Schulter.
Die Produktionsfirma Rust Movie Productions sprach von „einem Unfall“, bei dem „Platzpatronen fehlgezündet wurden“. Baldwin selbst beteuerte öffentlich und vor Gericht immer wieder seine Unschuld an dem Tod der 42-jährigen Kamerafrau. In einem Fernsehinterview kurz nach dem tödlichen Vorfall meinte der unter anderem aus der Sitcom „30 Rock“bekannte Schauspieler, er würde „niemals eine Waffe auf jemanden richten und dann den Abzug auslösen. Niemals.“
Die Anklage behauptet, Baldwin habe genau das getan. Sie stützt sich auf die Ergebnisse des Gutachters Robert Shilling. „Baldwin hat die Waffe direkt auf Hutchins und Souza gerichtet“, heißt es in dessen eidesstattlichen Erklärung. Damit habe der Schauspieler gegen elementare Sicherheitsregeln im Umgang mit Waffen verstoßen. Ferner müsse immer die Annahme gelten, dass scharfe Munition im Lauf stecken könnte. „Hätte er mit seiner Waffenmeisterin die erforderlichen Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt, wäre es nicht zu dieser Tragödie gekommen.“
Die Chefanklägerin zieht Baldwin und Gutierrez-Reed wegen zwei verschiedener Straftatbestände zur Verantwortung. In beiden Fällen lautet der Vorwurf „fahrlässige Tötung“. Die geringere Anklage sieht eine Gefängnisstrafe von bis zu 18 Monaten vor, die weitergehende, die den Gebrauch einer Waffe einschließt, mindestens fünf Jahre Haft. Es liegt nun an einer Jury, zu entscheiden, ob sich die Anklagten einer der beiden Tatbestände schuldig gemacht haben oder ob sie freigesprochen werden.
Obwohl ein Gutachten eine Fehlfunktion der Requisitenwaffe Baldwins definitiv ausschließt, bleibt der Schauspieler dabei, dass er den Abzug nicht ausgelöst hat. Sein Anwalt spricht von „einer fürchterlichen Ungerechtigkeit“gegen Baldwin. „Wir werden uns gegen diese Anklage wehren und wir werden gewinnen.“
Eines bleibt trotz monatelanger Ermittlungen und Anklageerhebung weiterhin ein ungeklärtes Rätsel: wie während Dreharbeiten scharfe Munition in den Colt Baldwins geraten konnte. Darauf hat auch die Staatsanwaltschaft bisher keine schlüssige Antwort gefunden.