Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wie Körpertaus­ch die Beziehung verändert

Der erste Langfilm von Alex Schaad läuft ab dem 2. Februar in den Kinos

- Von Jennifer Kuhlmann

- Wie fühlt es sich an, in einem anderen Körper zu leben? Wie verändert sich eine Beziehung, wenn man den Körper mit einem Menschen tauscht, dem man sehr nahesteht? Den man liebt? Diesen Fragen geht der in Mengen aufgewachs­ene Regisseur Alex Schaad in seinem ersten Langfilm nach. Am 2. Februar kommt „Aus meiner Haut“in die Kinos - erst einmal in den größeren Städten. Das Drehbuch hat er gemeinsam mit seinem Bruder Dimitrij Schaad geschriebe­n, der auch eine der Hauptrolle­n spielt.

Bis aus einer ersten Idee von Dimitrij Schaad die endgültige Kinofassun­g des Films entstanden ist, sind nicht nur fünf Jahre vergangen, sondern auch eine Menge Drehbücher geschriebe­n und wieder verworfen und wieder geschriebe­n worden. Der Arbeitstit­el des Films „Marmor“hat ebenso wenig überlebt wie die Überlegung, die Hauptfigur­en könnten sich gegenseiti­g den Inhalt ihrer Gehirne auf ebendort implantier­te Chips hochladen. Mit der Verlegung der Handlung auf eine abgelegene Insel, auf der es eine Art Guru Paaren ermöglicht, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen, haben sich die Brüder auch entschiede­n, sich vom klassische­n Science-Fiction-Format abzuwenden. „Magischer Realismus“nennt Alex Schaad im Regiekomme­ntar das Genre, das in seinen Augen das „einzige Genre ist, um zu vermitteln, was es bedeutet, ein Mensch im 21. Jahrhunder­t zu sein“.

Im Mittelpunk­t des Films stehen zwei Paare: Leyla und Tristan treffen

auf Fabienne und Mo. Alle vier sind offen für ein Tauschritu­al, sind neugierig, sich selbst anders und neu kennenzule­rnen. Alle machen ganz unterschie­dliche Erfahrunge­n und Leyla, die sich plötzlich so glücklich wie nie fühlt, möchte ihren alten Körper gar nicht mehr zurückhabe­n.

Die Besetzung ist hochkaräti­g: Jana Emde kennen viele aus den TVSerien „Charité“oder „Schatten der Mörder - Shadowplay“, Maryam Zaree hat für ihre Leistung in der Serie „4 Blocks“den Grimme-Preis gewonnen, Jonas Dassler spielte den Serienmörd­er in „Der goldene Handschuh“und Dimitrij Schaad den Kleinkünst­ler

in den beiden „Känguru“-Verfilmung­en. Edgar Selge gehört zu Deutschlan­ds bedeutends­ten Charakterd­arstellern. Doch auch, wenn es alle als Theater- und Filmschaus­pieler gewohnt sind, in andere Rollen zu schlüpfen, war dieses Projekt für alle Beteiligte­n noch einmal eine besondere Herausford­erung. In einem Interview mit der Berliner Morgenpost beschreibt es Dimitrij Schaad als eine „unglaublic­h tolle Ensemblele­istung“, die zeige, „dass eine Figur von mehreren Menschen unterschie­dlichen Geschlecht­s und Alters gespielt werden kann“.

Diese ungewöhnli­che Art des

Schauspiel­s sei dann bei potenziell­en Förderern des Films auch zunächst auf Skepsis gestoßen. Alex Schaad brachte zwar seinen guten Ruf als Preisträge­r des Studenten-Oscars mit, gleichzeit­ig drohte das Damoklessc­hwert eines One-Hit-Wonders. Deutschlan­d sei feige, wenn es um Vertrauen in den Regienachw­uchs gehe, sagt Alex Schaad im Interview mit dem Magazin des Festivals Max Ophüls Preis. Es dürfe nur jemand einen Fernsehfil­m machen, der schon einmal einen gemacht habe... wenig Chancen für junge Talente.

Umso stolzer können die beiden Brüder jetzt sein, dass sie es geschafft haben. Weltpremie­re hatte „Aus meiner Haut“bereits im September vergangene­n Jahres auf dem Internatio­nalen Filmfestiv­al in Venedig, wo er mit dem „Queer Lion“ausgezeich­net wurde. Mit ihrer Geschichte haben sie den Nerv einer Zeit getroffen, in der sich Menschen sehr mit Fragen zur Identität, zu Rollenund Geschlecht­erbildern befassen. Gerade wurde der Film in die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis aufgenomme­n.

Die Arbeit miteinande­r bezeichnen Alex und Dimitrij Schaad als extrem fordernd - schließlic­h seien sie beide Perfektion­isten in ihrem Bereich. Zum Glück kennen sie sich beide so gut, dass sie wissen, wann der andere einmal eine Pause braucht. Das ist übrigens auch der Grund, warum sie es ablehnen würden, die Körper zu tauschen, wenn sie die Möglichkei­t erhielten. Zu langweilig. Dem Morgenpost-Redakteur verraten sie, mit wem sie einen Tausch viel spannender fänden: der eigenen Mutter. Schließlic­h soll der Tausch ja einen Erkenntnis­gewinn bringen. „Mit Menschen, die älter sind, die weiblich gelesen werden oder eine andere Hautfarbe haben, die nicht die Privilegie­n des weißen Cis-Mannes genießen“, sagt Dimitrij Schaad.

Petra Engler, die Geschäftsf­ührerin des Gloria-Kinocenter­s, hat den Film zwar über ihren Disponente­n vorgemerkt, kann aber noch nicht genau sagen, an welchen Tagen „Aus meiner Haut“in Mengen gezeigt werden wird. Es soll aber noch im Monat Februar der Fall sein, also ist nur etwas Geduld gefragt.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Filmpremie­re in Berlin: Die Brüder Dimitrij Schaad (links) und Alex Schaad haben das Drehbuch für den ersten Kinofilm, bei dem Alex Schaad Regie führt, gemeinsam geschriebe­n. „Aus meiner Haut“kommt ab dem 2. Februar in die Kinos.
FOTO: IMAGO Filmpremie­re in Berlin: Die Brüder Dimitrij Schaad (links) und Alex Schaad haben das Drehbuch für den ersten Kinofilm, bei dem Alex Schaad Regie führt, gemeinsam geschriebe­n. „Aus meiner Haut“kommt ab dem 2. Februar in die Kinos.

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