Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wie Körpertausch die Beziehung verändert
Der erste Langfilm von Alex Schaad läuft ab dem 2. Februar in den Kinos
- Wie fühlt es sich an, in einem anderen Körper zu leben? Wie verändert sich eine Beziehung, wenn man den Körper mit einem Menschen tauscht, dem man sehr nahesteht? Den man liebt? Diesen Fragen geht der in Mengen aufgewachsene Regisseur Alex Schaad in seinem ersten Langfilm nach. Am 2. Februar kommt „Aus meiner Haut“in die Kinos - erst einmal in den größeren Städten. Das Drehbuch hat er gemeinsam mit seinem Bruder Dimitrij Schaad geschrieben, der auch eine der Hauptrollen spielt.
Bis aus einer ersten Idee von Dimitrij Schaad die endgültige Kinofassung des Films entstanden ist, sind nicht nur fünf Jahre vergangen, sondern auch eine Menge Drehbücher geschrieben und wieder verworfen und wieder geschrieben worden. Der Arbeitstitel des Films „Marmor“hat ebenso wenig überlebt wie die Überlegung, die Hauptfiguren könnten sich gegenseitig den Inhalt ihrer Gehirne auf ebendort implantierte Chips hochladen. Mit der Verlegung der Handlung auf eine abgelegene Insel, auf der es eine Art Guru Paaren ermöglicht, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen, haben sich die Brüder auch entschieden, sich vom klassischen Science-Fiction-Format abzuwenden. „Magischer Realismus“nennt Alex Schaad im Regiekommentar das Genre, das in seinen Augen das „einzige Genre ist, um zu vermitteln, was es bedeutet, ein Mensch im 21. Jahrhundert zu sein“.
Im Mittelpunkt des Films stehen zwei Paare: Leyla und Tristan treffen
auf Fabienne und Mo. Alle vier sind offen für ein Tauschritual, sind neugierig, sich selbst anders und neu kennenzulernen. Alle machen ganz unterschiedliche Erfahrungen und Leyla, die sich plötzlich so glücklich wie nie fühlt, möchte ihren alten Körper gar nicht mehr zurückhaben.
Die Besetzung ist hochkarätig: Jana Emde kennen viele aus den TVSerien „Charité“oder „Schatten der Mörder - Shadowplay“, Maryam Zaree hat für ihre Leistung in der Serie „4 Blocks“den Grimme-Preis gewonnen, Jonas Dassler spielte den Serienmörder in „Der goldene Handschuh“und Dimitrij Schaad den Kleinkünstler
in den beiden „Känguru“-Verfilmungen. Edgar Selge gehört zu Deutschlands bedeutendsten Charakterdarstellern. Doch auch, wenn es alle als Theater- und Filmschauspieler gewohnt sind, in andere Rollen zu schlüpfen, war dieses Projekt für alle Beteiligten noch einmal eine besondere Herausforderung. In einem Interview mit der Berliner Morgenpost beschreibt es Dimitrij Schaad als eine „unglaublich tolle Ensembleleistung“, die zeige, „dass eine Figur von mehreren Menschen unterschiedlichen Geschlechts und Alters gespielt werden kann“.
Diese ungewöhnliche Art des
Schauspiels sei dann bei potenziellen Förderern des Films auch zunächst auf Skepsis gestoßen. Alex Schaad brachte zwar seinen guten Ruf als Preisträger des Studenten-Oscars mit, gleichzeitig drohte das Damoklesschwert eines One-Hit-Wonders. Deutschland sei feige, wenn es um Vertrauen in den Regienachwuchs gehe, sagt Alex Schaad im Interview mit dem Magazin des Festivals Max Ophüls Preis. Es dürfe nur jemand einen Fernsehfilm machen, der schon einmal einen gemacht habe... wenig Chancen für junge Talente.
Umso stolzer können die beiden Brüder jetzt sein, dass sie es geschafft haben. Weltpremiere hatte „Aus meiner Haut“bereits im September vergangenen Jahres auf dem Internationalen Filmfestival in Venedig, wo er mit dem „Queer Lion“ausgezeichnet wurde. Mit ihrer Geschichte haben sie den Nerv einer Zeit getroffen, in der sich Menschen sehr mit Fragen zur Identität, zu Rollenund Geschlechterbildern befassen. Gerade wurde der Film in die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis aufgenommen.
Die Arbeit miteinander bezeichnen Alex und Dimitrij Schaad als extrem fordernd - schließlich seien sie beide Perfektionisten in ihrem Bereich. Zum Glück kennen sie sich beide so gut, dass sie wissen, wann der andere einmal eine Pause braucht. Das ist übrigens auch der Grund, warum sie es ablehnen würden, die Körper zu tauschen, wenn sie die Möglichkeit erhielten. Zu langweilig. Dem Morgenpost-Redakteur verraten sie, mit wem sie einen Tausch viel spannender fänden: der eigenen Mutter. Schließlich soll der Tausch ja einen Erkenntnisgewinn bringen. „Mit Menschen, die älter sind, die weiblich gelesen werden oder eine andere Hautfarbe haben, die nicht die Privilegien des weißen Cis-Mannes genießen“, sagt Dimitrij Schaad.
Petra Engler, die Geschäftsführerin des Gloria-Kinocenters, hat den Film zwar über ihren Disponenten vorgemerkt, kann aber noch nicht genau sagen, an welchen Tagen „Aus meiner Haut“in Mengen gezeigt werden wird. Es soll aber noch im Monat Februar der Fall sein, also ist nur etwas Geduld gefragt.