Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ich mache alles, nur keine Bestattungen“
Hilde und Werner Bär vom gleichnamigen Bestattungshaus sind seit 50 Jahren verheiratet
(pegme) - Auch wenn Hilde und Werner Bär sich nicht ganz einig sind, ob es am 2. Februar 1973, dem Tag ihrer Hochzeit, Schnee hatte oder nicht, eines weiß zumindest Hilde Bär ganz genau: Es war spiegelglatt und sie wäre bei der Brautentführung fast in die Miste gefallen. Und was sie noch ganz genau weiß: Sie wollte nie in das Bestattungsunternehmen ihrer zukünftigen Schwiegereltern einsteigen. 50 Jahre später aber steht für sie und ihren Mann fest: Sie hätten nie ohne ihr Bestattungshaus sein wollen.
Hilde Bär ist von Hause aus arbeiten gewöhnt. Bereits als Kind hat sie sich um ihre Geschwister gekümmert und der Mutter abends bei der Hausarbeit geholfen. Viele Jahre später, am Tag ihrer goldenen Hochzeit, kümmert sie sich um ihre Gäste und wuselt eifrig zwischen Berliner, Butterbrezel und Kaffee. „So ist das bei uns, wenn Gäste kommen, werden sie verwöhnt“, sagt die Hausherrin. Das reichlich mit Erinnerungsstücken dekorierte Haus trägt ihre Handschrift, der Außenbereich wirkt trotz Winterschlaf einladend idyllisch. „Der Garten ist mein Ausgleich“, sagt die 69-Jährige, „die Blumen sind Streicheleinheiten für die Seele, für meine und die der Trauernden, die zu uns kommen.“
Mit Tod und Trauer haben Werner und Hilde Bär seit über 40 Jahren fast täglich, rund um die Uhr zu tun. „Ich liebe unseren Beruf, auch wenn er sehr entbehrungsreich ist, bekommen wir doch so viel zurück“, sagt die gelernte Fachverkäuferin, die damals zu ihrem Mann gesagt hat: „Ich mache alles, nur keine Bestattungen“.
Werner Bärs Eltern hatten in Laiz, im heutigen Domizil von Fitnesscenter, Mahl und Herzog-Markt, auch ein Möbelgeschäft, dort packte Hilde Bär gern mit an. Bis zu jenem Tag, als ihr Schwiegervater und ihr Mann nicht da waren und eine Bestattung erledigt werden musste. „Das werde ich nie vergessen, was mir da alles durch den Kopf gegangen ist“, sagt die Ur-Sigmaringerin. Aber sie hat sich durchgebissen, ihrem Mann den Rücken freigehalten, beide haben mit dem Bestattungshaus Bär eine Institution in Sigmaringen geschaffen. „30 Jahre lang haben wir das Geschäft zu zweit gestemmt, an Urlaub war die ersten Jahre nicht zu denken“, sagen sie. Hilfe bekamen sie von ihren Familien, besonders Hilde Bärs Bruder war eine große Stütze.
2009 verunglückt Werner Bär schwer. Sohn Ralph, verbeamtet bei der Polizei, lässt sich freistellen, um seine Mutter zu unterstützen. Kurze Zeit später wechselt er komplett ins Unternehmen. „Wir haben ihm immer freie Wahl gelassen“, sagt Hilde Bär, „aber wir sind sehr froh, dass er und auch unsere Schwiegertochter ins Unternehmen eingestiegen sind“.
Solange es gesundheitlich geht und sie gebraucht werden, wollen Werner und Hilde Bär auch weiterhin „mit Herzblut“für ihre Kunden da sein. „Wenn ich arbeite, fühle ich mich am wohlsten“, sagt Hilde Bär und auch ihr Mann denkt mit seinen 78 Jahren noch lange nicht ans Rentnerdasein. Er wünscht sich einfach nur 30 Jahre Gesundheit, das würde er „sofort unterschreiben“.