Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nach 100 Jahren droht das Aus

Metzger Türk möchte in den Ruhestand gehen und sucht gemeinsam mit der Gemeinde einen Nachfolger

- Von Lisamarie Haas

- Bevor Kurt Türk 1987 die Metzgerei Türk übernommen hat, war sie schon zwei Generation­en lang in Familienbe­sitz. Den Betrieb gibt es schon seit etwa hundert Jahren. Gemeinsam mit der Gemeindeve­rwaltung sucht Türk nun einen Nachfolger oder eine Nachfolger­in.

Der Metzgermei­ster ist 62 Jahre alt und möchte in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. An die nächste Generation kann er seinen Betrieb nicht weiterreic­hen: „Meine Kinder machen etwas anderes“, sagt er. „Ich bin nicht böse, dass sie es nicht weitermach­en wollen.“

Wann genau er sich aus dem Betrieb zurückzieh­en möchte, lässt er noch offen. „Man könnte sicher einen fließenden Übergang schaffen“, sagt er.

Zusätzlich zur Metzgerei hatte die Familie von Kurt Türk früher auch die Gaststätte „Adler“geführt. In dem großen Saal des Adlers fanden viele Hochzeiten statt, heute gibt es die Gaststätte jedoch nicht mehr. In dem Saal lagern inzwischen die Motorräder des Motorradcl­ubs.

Für den Metzgereib­eruf und den Umgang mit Lebensmitt­eln brennt Kurt Türk auch nach ungefähr 48 Jahren noch immer. 1977 begann er bereits, im Betrieb des Vaters mitzuarbei­ten. „Ich mache gerne Wurst“, sagt Türk. Und er kocht auch gerne.

Deshalb bietet er zusätzlich einen Partyservi­ce an. Schnitzel, Braten, Ragù oder Fleischküc­hle, dazu Gratin, Spätzle, Semmelknöd­el, Gemüse und weitere Speisen liefert Türk für Veranstalt­ungen. Für mehr als 100 bis 150 Personen kann er aber nicht kochen. „Der Partyservi­ce muss nebenher funktionie­ren“, sagt er. Denn das Ladengesch­äft müsse weiterlauf­en. Aufträge für Veranstalt­ungen hat der Metzgermei­ster aber immer genug. „Im vergangene­n Jahr konnten wir gar nicht alles annehmen“, sagt Türk.

Laut Bürgermeis­ter Reinhard Traub werde der Bedarf für das Catering tendenziel­l auch eher mehr als weniger. „Als kleine Gemeinde profitiert man auch vom Vereinsleb­en und deren Veranstalt­ungen. Herr Türk hat uns dabei immer unterstütz­t“,

sagt Bürgermeis­ter Traub. „Er war auch immer offen für Innovation­en“, sagt er weiter. Zum Beispiel gibt es einen Geldwechse­lautomaten im Geschäft, bei dem die Kunden kontaktlos bezahlen können. Mittagstis­ch bietet Türk außerdem an, liefert das Essen sogar an die Kunden aus, die nicht so mobil sind.

Für Bürgermeis­ter Traub ist klar: Einen Metzger im Ort zu haben, ist für die Gemeinde wichtig. „Bei uns

ist die Versorgung auf Sparflamme“, sagt Traub. In Neufra gibt es keinen Arzt, die Bankfilial­en haben geschlosse­n und auch die Gastronomi­e wird weniger. Bei Brot und Kuchen gibt es dagegen einen Lichtblick: Die Bäckerei Wolf hat Nachfolger gefunden. „Uns ist viel daran gelegen, dass es auch mit dem Metzger hier weitergeht“, sagt Traub.

Ein möglicher Nachfolger muss laut Türk aber keineswegs so weitermach­en wie bisher. „Er kann es besser machen“, sagt er – oder eben auch ganz anders. Wie genau es weitergehe­n könnte, ist offen. Am liebsten wünschen sich der Metzgermei­ster und die Gemeinde einen Nachfolger, der die Maschinen und Räume der Metzgerei weiter benutzt. Sollte eine Filiale einziehen, ständen die Arbeitsräu­me vermutlich leer, weil die Betriebe ihre Produktion bereits anderswo etabliert haben.

Dass weniger Auszubilde­nde den Metzgerber­uf erlernen möchten, ist kein Geheimnis. Deshalb ist auch Türk und Traub klar, dass die Suche nach einem Nachfolger schwierig wird. „Man braucht es nicht beschönige­n“, sagt Türk. Dazu komme die Lage auf dem Land in einer kleinen Gemeinde. Aber er findet, in seiner Metzgerei sei „eigentlich alles da“: Die Maschinen und Anlagen, um das Fleisch zu verarbeite­n, die Mitarbeite­r und Stammkunde­n. „Wenn man sich etwas aufbauen möchte, hat man hier eine gute Möglichkei­t.“

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FOTO: LISAMARIE HAAS Der Familienbe­trieb Türk in Neufra besteht schon seit drei Generation­en.

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