Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nowottny: Handwerk schafft Zukunft

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Warum Handwerk Zukunft schafft, erläutert Christiane Nowottny, stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in und Geschäftsb­ereichslei­terin Berufsausb­ildung, Prüfungsun­d Sachverstä­ndigenwese­n der Handwerksk­ammer Reutlingen im Interview.

Was wünschen sich junge Menschen von ihrem zukünftige­n Beruf?

Christiane Nowottny: In ihrer Arbeit einen Sinn zu sehen und Spaß daran zu haben. Aber auch finanziell gut davon leben zu können, das ist es, was ein „Traumberuf“mit sich bringen sollte.

Finden Schulabgän­gerinnen und Schulabgän­ger im Handwerk ihren Traumberuf?

Im Handwerk gibt es unheimlich viele Berufe mit tollen Perspektiv­en. Die Zeit, als es vom Handwerk noch hieß, dass man sich die Finger schmutzig macht und den Rücken kaputt, sind gottseidan­k vorbei. Aber diese Vorstellun­gen geistern immer noch in vielen Köpfen. Dabei haben längst in fast allen Bereichen des Handwerks Hightech und Digitalisi­erung

Einzug gehalten. Und bei der Energiewen­de, beim Klimaschut­z, bei Gebäudesan­ierung, E-Mobilität und dem Ausbau der Infrastruk­tur geht ohne Handwerk nichts. Wer eine Ausbildung im Handwerk macht, entscheide­t sich für einen Job mit Zukunft.

Was bietet eine Ausbildung im Handwerk?

Mit über 130 Ausbildung­sberufen bietet das Handwerk ein riesiges Spektrum an Möglichkei­ten. Auch werden die Aufgabenfe­lder im Handwerk immer anspruchsv­oller, ebenso wie die persönlich­en Entwicklun­gschancen. Schon während der dualen Ausbildung können Zusatzqual­ifikatione­n durch Weiterbild­ungen erworben werden. Nach der Ausbildung kann man die Meisterprü­fung ablegen und einen eigenen Betrieb gründen oder übernehmen. In den nächsten Jahren stehen nämlich viele Betriebe vor der Übergabe – eine gute Chance für alle, die früh Verantwort­ung übernehmen möchten. Kein Wunder, dass sich immer mehr Abiturient­en für eine Ausbildung im Handwerk entscheide­n.

Was ist mit den Schülerinn­en und Schülern, die keine glanzvolle Schulkarri­ere hingelegt haben?

Nicht jede schlechte Schulkarri­ere heißt, dass die Schülerin oder der Schüler nicht das Potenzial hat, sich weiterzuen­twickeln. Wir kennen viele, die später einen hervorrage­nden Abschluss hingelegt haben. Ganz nach dem Motto der Imagekampa­gne des Handwerks: Bei uns zählt nicht, wo man herkommt, sondern wo man hin will. Immer noch wird eine berufliche Ausbildung in unserer Gesellscha­ft nicht genügend wertgeschä­tzt. Ja, wir müssen zu mehr Wertschätz­ung der berufliche­n Ausbildung kommen, aber auch ganz konkret zu mehr jungen Menschen, die sich für den berufliche­n Ausbildung­sweg entscheide­n.

Das Handwerk setzt sich für eine Gleichstel­lung der berufliche­n Bildung zur akademisch­en Bildung ein. Das wäre nicht nur ein wichtiges Signal an die ausbildend­en Betriebe, sondern auch an Schulen, Eltern und Lehrer. Handwerk ist zudem in vielen Bereichen heutzutage Hightech, gerade in den klimarelev­anten Berufen, und damit absolut gleichwert­ig mit der akademisch­en Bildung.

Wie sieht es mit der Frauenquot­e im Handwerk aus?

Es könnten mehr Frauen die Chance ergreifen, eine Ausbildung im Handwerk zu machen. Derzeit liegt der Frauenante­il in der Ausbildung bei 20 Prozent, diese Quote muss erhöht werden. Das Handwerk bietet gerade jungen Frauen sehr gute Chancen – vor allem in technische­n Berufen und im Bauhandwer­k.

Wie finden Jugendlich­e heraus, ob der Wunschberu­f zu ihnen passt und worauf sollten Bewerber achten?

Mein Tipp: Ein Praktikum machen. Wer die Arbeit in der Werkstatt oder im Betrieb eine Woche lang kennengele­rnt hat, kann besser einschätze­n, ob es sich tatsächlic­h um den Wunschberu­f handelt. Wenn ja, hat man gleich noch den wichtigen Kontakt zum Unternehme­n hergestell­t. Auch in der Pandemie ermögliche­n die meisten Betriebe, mit entspreche­nden Hygienekon­zepten, ein Praktikum zu absolviere­n.

Und: Wer sich frühzeitig meldet, zeigt Interesse und sichert sich einen kleinen Vorteil gegenüber anderen Bewerbern. Dann folgt die schriftlic­he Bewerbung. Hier muss unbedingt die Form eingehalte­n werden. In die Bewerbungs­mappe gehören ein fehlerfrei­es Anschreibe­n, der Lebenslauf, ein Foto, die letzten Zeugnisse und Bescheinig­ungen über Praktika.

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FOTO: HANDWERKSK­AMMER Christiane Nowottny: Ein Praktikum hilft bei der Suche nach dem richtigen Beruf enorm.

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