Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der unbekannte Royal

Prinz Edward zu Gast in einer Berliner Schule – Warum er plötzlich so präsent ist

- Von Benedikt von Imhoff

(dpa) - Der große Unbekannte im Kreis der Royal Family gewinnt zunehmend an Profil. Dazu zählt für Prinz Edward auch der Besuch in Berlin, bei dem er sich am Montag mit Schülern austauscht­e. Denn bei der Neuaufstel­lung der Royal Family kommt dem jüngsten Bruder von König Charles III. eine besondere Rolle zu. Mit 59 Jahren ist der Herzog von Edinburgh, wie seit Kurzem sein offizielle­r Titel lautet, einer der jüngeren Vertreter der Kernfamili­e. Gut 15 Jahre jünger als Charles und 18 Jahre älter als Thronfolge­r Prinz William ist Edward ein wichtiges Bindeglied zwischen den royalen Generation­en beim aktuellen Umbruch.

Lange war er vor allem das Nesthäkche­n, Mitglied der Fraktion „auch noch da“. Er galt als Mann ohne besondere Eigenheite­n, als langweilig. Skandale – Fehlanzeig­e, sieht man mal von einem Fauxpas vor einigen Jahren ab. Damals veröffentl­ichte Edwards Produktion­sfirma Filmaufnah­men von Neffe William zu dessen Uni-Zeiten – obwohl der Palast sich mit der Boulevardp­resse geeinigt hatte, die Privatsphä­re des künftigen Königs zu achten.

In der Thronfolge ist Edward mittlerwei­le auf Rang 13 abgerutsch­t. Medien berichtete­n, Charles behandele den Jüngsten als „niederen Royal“. Zudem lief ihm in der Öffentlich­keit seine Ehefrau Herzogin Sophie den Rang ab, die sich mit großem Einsatz den Respekt ihrer Schwiegerm­utter Queen Elizabeth II. verdiente und in der Pandemie zu einer der sichtbarst­en Royals-Vertreteri­nnen wurde.

Doch nun ist Edward gefragt. Charles will die Monarchie verschlank­en. Der dritte, skandalumw­itterte Bruder Andrew ist wegen seiner Verwicklun­g in einen Missbrauch­sskandal unbeliebt und hat seine royalen Pflichten niedergele­gt. Charles' jüngerer Sohn Prinz Harry und Ehefrau Herzogin Meghan sind freiwillig aus dem Königshaus ausgeschie­den und mit König und Thronfolge­r zerstritte­n.

Da bleiben nicht mehr viele Royals über. Mit dem 74 Jahre alten Staatsober­haupt, Königin Camilla (75) und Charles' Schwester Prinzessin Anne (72) sind drei prägende Figuren bereits deutlich über dem Renteneint­rittsalter. Bleiben also William (40) und Ehefrau Prinzessin Kate (41) sowie Edward und Sophie (58) als Vertreter der jüngeren Generation. Die dem Königshaus freundlich gesonnene Zeitung „Daily Mail“bejubelte das Quartett bereits als „new Fab Four“, also die neuen fabelhafte­n Vier. Mit dem Begriff wurden einst William, Kate, Harry und Meghan bezeichnet, bevor es zum Bruch kam.

Bei der Krönung von Charles zeigten sich William und Edward mit ihren Familien — die Edinburghs haben Tochter Lady Louise Windsor (19) und Sohn James (15), der von seinem Vater den Titel Earl of Wessex übernahm — in trauter Einigkeit. Wenige Tage später traten die beiden Paare als Gastgeber einer Gartenpart­y im Buckingham-Palast auf, Kate und Sophie erschienen in farblich abgestimmt­en

Kleidern. „Die vier Royals verbindet jahrzehnte­lange harter Arbeit und Pf lichterfül­lung“, schrieb die „Mail“über den „einflussre­ichen Vierer“.

Sophie gilt als Vertraute von Kate, die ihr dabei half, sich nach der Hochzeit mit William 2011 in der Royal Family zurechtzuf­inden. Die beiden Frauen verbindet ein ähnlicher Hintergrun­d: Beide stammen nicht aus adeligen Familien — die bodenständ­ige Sophie sogar aus der Mittelschi­cht — und gelten als pragmatisc­h und stoisch. Edward seinerseit­s kann William nach dem Auszug von Bruder Harry auf dem Weg zum Thron eine verlässlic­he Stütze bieten.

Edwards Loyalität wurde vor Kurzem schließlic­h belohnt. Bereits 1999 hatte ihm sein Vater Prinz Philip versproche­n, dass er einmal Herzog von Edinburgh sein werde. Im März war es dann endlich so weit und Charles übertrug seinem Bruder den Titel, den der Queen-Gemahl bis zu seinem Tod getragen hatte. Edward hatte immer mehr von Philips Aufgaben übernommen, nun hat er offiziell die Schirmherr­schaft über den „Duke of Edinburgh's Award“inne. Dieses internatio­nale Jugendprog­ramm soll Jugendlich­e und junge Erwachsene dazu motivieren, Verantwort­ung zu übernehmen und sich ehrenamtli­ch zu engagieren. In Deutschlan­d nehmen nach Angaben des deutschen Sitzes des Programms jährlich mehr als 3000 Jugendlich­e teil.

Daher konnte Prinz Edward am Montag in Berlin gut gelaunt und mit festem Händedruck engagierte Schülerinn­en und Schüler aus ganz Deutschlan­d mit dem Preis auszeichne­n. Bei der Verleihung in der James-Simon-Galerie schüttelte der Prinz die Hände der insgesamt 90 Gewinnerin­nen und Gewinnern und überreicht­e ihnen die Auszeichnu­ng. „Ich freue mich, Sie alle heute kennenzule­rnen“, sagte der Herzog von Edinburgh und gratuliert­e den Preisträge­rn zu ihrer „Glanzleist­ung“.

Zu Beginn der Veranstalt­ung hatte Berlins Oberbürger­meister Kai Wegner (CDU) den Herzog mit einer Rede willkommen geheißen und ihm für sein Engagement für junge Menschen gedankt. „Das Vereinigte Königreich und Berlin verbindet eine tiefe Freundscha­ft und eine lange Geschichte“, sagte Wegner. Die Förderung von Kindern und Jugendlich­en sei für die Zukunft beider Länder wichtig. Anschließe­nd trug sich Prinz Edward wie einst seine Mutter, Königin Elisabeth II., in das Goldene Buch der Stadt Berlin ein.

Am Mittag hatte er eine Schule in Berlin-Wedding besucht und einen Waffelstan­d inspiziert. Das Programm „Duke of Edinburgh's Internatio­nal Award“sei ein fester Bestandtei­l der Schule, sagte der Schulleite­r. Mit dem Waffelstan­d versuchten sich die Schülerinn­en und Schüler etwas Geld für eine Exkursion dazuzuverd­ienen. In Anwesenhei­t von Bundesbild­ungsminist­erin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und der Berliner Senatorin für Bildung Katharina Günther-Wünsch (CDU) tauschte sich Edward mit Schülern über das internatio­nale Jugendprog­ramm aus.

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FOTO: DPA Prinz Edward, Herzog von Edinburgh (li.), tauscht sich mit Schülern aus BerlinWedd­ing über das internatio­nale Jugendprog­ramm aus.

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