Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ich bin kein Vorbild, wenn ich selbst nur zuschaue“
Sascha Engelhart aus Herbertingen erhält den Zivilcouragepreis des Kreises, weil er einen Dieb festgehalten hat
- Als im vergangenen Jahr ein Ladendieb im Mengener Müller-Markt auff liegt, eine Verkäuferin grob wegschubst und zu fliehen versucht, greift Sascha Engelhart kurzerhand ein. Der Herbertinger hält den 20-jährigen Dieb fest, bis die Polizei eintrifft. Was der 39-Jährige für eine Selbstverständlichkeit hält, ist für die Verantwortlichen von Polizei und Landkreis vorbildlich und mutig. Deshalb gehört Sascha Engelhart zu den zwölf Menschen, die am Donnerstag, 25. Mai, mit dem Zivilcouragepreis des Landkreises Sigmaringen ausgezeichnet werden.
Sascha Engelhart war am Tag der Tat selbst Kunde im Mengener Drogeriemarkt. „Als ich den Markt zusammen mit meiner Frau betreten habe, ist mir der junge Mann gleich aufgefallen“, sagt er. „Der hat sich so komisch verhalten und bewegt, dass ich zu meiner Frau gesagt hab: ,Guck mal, der hat garantiert was geklaut’.“Seine Frau hätte aber gemeint, er soll sich da raushalten und hätte ihn einen Gang weitergezogen.
Seine Vermutung bestätigte sich kurz darauf. Der 20-Jährige muss offenbar ein Wiederholungstäter gewesen sein, denn auch die Verkäuferinnen hätten ihn im Blick gehabt. „Sonst hätten sich nicht zwei direkt in der Nähe des Ausgangs aufgehalten, als der Alarm an der Tür ausgelöst wurde“, so Engelhart. Er befand sich da gerade ebenfalls im Kassenbereich
und sah, wie der Mann sich aus dem Staub machen wollte, als ihn die beiden Verkäuferinnen ansprachen. „Er hat eine von
ihnen ziemlich grob angerempelt und über den Haufen gerannt“, erinnert er sich. Da sei er losgerannt und hätte den Mann gepackt
und in den Laden zurückgezerrt. „Da habe ich ihn gegen ein Regal gedrückt, bis die Polizisten eingetroffen sind.“Darüber nachgedacht, dass er selbst bei seinem Einsatz verletzt werden könnte, hat Sascha Engelhart nicht. „Ich habe mich einfach sehr darüber geärgert, wie der Mann mit der Verkäuferin umgegangen ist“, sagt er. Das gesamte Auftreten des 20-Jährigen habe er als sehr routiniert und dreist empfunden. „Er war total überheblich, hat gesagt, dass ihm eh nichts passiert und die Polizei ihn gleich nach Hause bringen wird.“Daran habe er gemerkt, dass der junge Mann nicht zum ersten Mal in einer solchen Situation war.
„Es macht mich ziemlich wütend, wenn ich meinen eigenen Kindern Anstand, Höf lichkeit und Respekt gegenüber anderen Menschen und ihrem Eigentum beibringe, und dann auf jemanden treffe, der all diese Werte mit Füßen tritt“, findet Sascha Engelhart. Er hat vier Kinder im Alter von 18, 16, 14 und sieben Jahren, denen er diese Werte auch vorleben möchte. Dazu gehöre auch, anderen Menschen in Notsituationen zu helfen. „Ich bin kein Vorbild, wenn ich von Zivilcourage rede, dann aber einfach an einem Unfall vorbeifahre oder nur zuschaue, wie ein Ladendieb wegläuft“, sagt er. Auch deshalb habe er im Müller-Markt gehandelt.
Ob der Ladendieb eine gerechte Strafe erhalten hat, weiß Engelhart nicht. Weil er versehentlich eine alte Telefonnummer angegeben hatte, wurde er nicht als Zeuge zu einer Gerichtsverhandlung geladen. „Die Sache dürfte aber trotzdem klar gewesen sein“, sagt er.