Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Ich bin kein Vorbild, wenn ich selbst nur zuschaue“

Sascha Engelhart aus Herberting­en erhält den Zivilcoura­gepreis des Kreises, weil er einen Dieb festgehalt­en hat

- Von Jennifer Kuhlmann

- Als im vergangene­n Jahr ein Ladendieb im Mengener Müller-Markt auff liegt, eine Verkäuferi­n grob wegschubst und zu fliehen versucht, greift Sascha Engelhart kurzerhand ein. Der Herberting­er hält den 20-jährigen Dieb fest, bis die Polizei eintrifft. Was der 39-Jährige für eine Selbstvers­tändlichke­it hält, ist für die Verantwort­lichen von Polizei und Landkreis vorbildlic­h und mutig. Deshalb gehört Sascha Engelhart zu den zwölf Menschen, die am Donnerstag, 25. Mai, mit dem Zivilcoura­gepreis des Landkreise­s Sigmaringe­n ausgezeich­net werden.

Sascha Engelhart war am Tag der Tat selbst Kunde im Mengener Drogeriema­rkt. „Als ich den Markt zusammen mit meiner Frau betreten habe, ist mir der junge Mann gleich aufgefalle­n“, sagt er. „Der hat sich so komisch verhalten und bewegt, dass ich zu meiner Frau gesagt hab: ,Guck mal, der hat garantiert was geklaut’.“Seine Frau hätte aber gemeint, er soll sich da raushalten und hätte ihn einen Gang weitergezo­gen.

Seine Vermutung bestätigte sich kurz darauf. Der 20-Jährige muss offenbar ein Wiederholu­ngstäter gewesen sein, denn auch die Verkäuferi­nnen hätten ihn im Blick gehabt. „Sonst hätten sich nicht zwei direkt in der Nähe des Ausgangs aufgehalte­n, als der Alarm an der Tür ausgelöst wurde“, so Engelhart. Er befand sich da gerade ebenfalls im Kassenbere­ich

und sah, wie der Mann sich aus dem Staub machen wollte, als ihn die beiden Verkäuferi­nnen ansprachen. „Er hat eine von

ihnen ziemlich grob angerempel­t und über den Haufen gerannt“, erinnert er sich. Da sei er losgerannt und hätte den Mann gepackt

und in den Laden zurückgeze­rrt. „Da habe ich ihn gegen ein Regal gedrückt, bis die Polizisten eingetroff­en sind.“Darüber nachgedach­t, dass er selbst bei seinem Einsatz verletzt werden könnte, hat Sascha Engelhart nicht. „Ich habe mich einfach sehr darüber geärgert, wie der Mann mit der Verkäuferi­n umgegangen ist“, sagt er. Das gesamte Auftreten des 20-Jährigen habe er als sehr routiniert und dreist empfunden. „Er war total überheblic­h, hat gesagt, dass ihm eh nichts passiert und die Polizei ihn gleich nach Hause bringen wird.“Daran habe er gemerkt, dass der junge Mann nicht zum ersten Mal in einer solchen Situation war.

„Es macht mich ziemlich wütend, wenn ich meinen eigenen Kindern Anstand, Höf lichkeit und Respekt gegenüber anderen Menschen und ihrem Eigentum beibringe, und dann auf jemanden treffe, der all diese Werte mit Füßen tritt“, findet Sascha Engelhart. Er hat vier Kinder im Alter von 18, 16, 14 und sieben Jahren, denen er diese Werte auch vorleben möchte. Dazu gehöre auch, anderen Menschen in Notsituati­onen zu helfen. „Ich bin kein Vorbild, wenn ich von Zivilcoura­ge rede, dann aber einfach an einem Unfall vorbeifahr­e oder nur zuschaue, wie ein Ladendieb wegläuft“, sagt er. Auch deshalb habe er im Müller-Markt gehandelt.

Ob der Ladendieb eine gerechte Strafe erhalten hat, weiß Engelhart nicht. Weil er versehentl­ich eine alte Telefonnum­mer angegeben hatte, wurde er nicht als Zeuge zu einer Gerichtsve­rhandlung geladen. „Die Sache dürfte aber trotzdem klar gewesen sein“, sagt er.

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Sascha Engelhart aus Herberting­en hat im Mengener Müller-Markt einen Ladendieb festgehalt­en, bis die Polizei gekommen ist.

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