Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Überschrift entwertet Veranstaltung“
Einen politischen Abend, an dem sowohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann von den Grünen als auch Thomas Strobl von der CDU in ihren Reden Bekenntnisse zum Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung formulierten und in denen Kretschmann mit dem Verweis auf den Philosophen Immanuel Kant über die Kultur der demokratischen Kompromissfindung sprach, mit der Überschrift „Gruppentherapie in Biberach“zu versehen, entwertet den Charakter einer öffentlichen und von den rund 400 Anwesenden mit viel Beifall unterstützten Veranstaltung, die unserer Demokratie dienen sollte.
Zum selben Thema: Ministerpräsident Kretschmann sagte, dass die Fastenpredigt auf dem Bussen wohl die teuerste Predigt nach denen des Papstes gewesen sei. Ich möchte ergänzen: Es war auch noch die unnötigste. Wenn nach Polizeieskalation in Biberach noch mehr Polizisten zum Eskalieren auf den Bussen geschickt werden – sage und schreibe 600 an der Zahl, mit 135 Dienstfahrzeugen, acht Polizeipferden, drei Gefangenentransportern und einem Polizeihubschrauber, dann ist das, wie Öl ins Feuer zu gießen. Das hat nichts mehr mit Verhältnismäßigkeit zu tun, und solch ein Aufgebot mit Kosten von 330.000 Euro ist selbst dann nicht zu rechtfertigen, wenn es tatsächlich Eskalationen in Biberach durch Demonstranten gegeben hätte. Wenn die Grünen auch nur einen Funken Anstand hätten, würden sie die Kosten für diesen Einsatz aus ihrer Parteikasse bezahlen. Aber egal, das sind ja sowieso unsere Steuergelder.
Wolfgang Ruf, Riedlingen
Zu „Ampel-Politik führt zu AfD-Erfolg“, (SZ vom 28. März):
Nein, es ist nicht in erster Linie die Ampel-Politik und schon gar nicht die im Kommentar genannten Punkte, die zum AfD-Erfolg führen. Es sind solche ideologisch motivierten, teils rechts-populistischen Statements, die in einer „Unabhängigen Zeitung für christliche Kultur und Politik“nichts zu suchen haben. Das gilt insbesondere für so falsche Stammtischparolen wie „unkontrollierte Migration ... unter dem Deckmantel des Asylrechts“. Abgesehen von der unchristlichen Denke hinter solchen Formulierungen sind tatsächlich die bereits belegten Unterbringungsmöglichkeiten das Hauptproblem, nicht die ohnehin sinkende Zahl der Menschen, die es noch hierher schaffen. Und die Überbelegung ist vor allem durch zu lange bürokratische Verfahren zu erklären. Das Problem lässt sich nicht an den deutschen Grenzen lösen, sondern nur in den Herkunftsländern der Menschen selbst – da aber fehlt es am notwendigen Engagement. Umverteilung war tatsächlich einer der Grundpfeiler des Erfolgs der sozialen Marktwirtschaft, ein Grundpfeiler, der leider in den letzten Dekaden unterminiert wurde. Die immer größere Schere zwischen Arm und Reich schwächt den Binnenkonsum und führt zu Fehlallokationen von Kapital. Hauptproblem ist allerdings die ideologische Verteidigung der wirtschafts- und haushaltspolitisch schädlichen Schuldenbremse durch Union und FDP, die im Endeffekt Belastungen nicht nur auf kommende Generationen verschiebt, sondern auch anwachsen lässt. Der Abdruck eines solchen Kommentars ist eine Schande für eine ernst zu nehmende Zeitung.
Michael Ecker, Ravensburg
Zu „Digitale Überwachung für mehr Tierwohl“und „Massive Bauernproteste trotz Zugeständnissen der EU“(SZ vom 27. März):
Bauern, die gegen bitter nötige Regeln zum Schutz der Lebensgrundlagen demonstrieren, schaufeln sich und der Bevölkerung, die ernährt werden will, das eigene Grab. Wer außer Agrarkonzernen profitiert denn von riesigen Feldern, die ohne Mineraldünger und Gift keine Ernten liefern können, weil der Humusboden und die Artenvielfalt bereits vernichtet sind? Was sind das für Landwirte, die sich mit riesigen Traktoren, einem PanzerAufmarsch gleich, in Szene setzen und erfolgreich die Politik erpressen, damit Maßnahmen zurückgenommen werden, die die Landwirtschaft zukunftsfähiger machen sollen? Auch hatte die EU-Kommission versprochen, die Bedingungen für die Nutztierhaltung in diesem Jahr endlich zu verbessern. Doch auch die Tierschutz-Vorhaben sind vom Tisch. Die Politik darf sich nicht länger von den Agrarkonzernen, dem Bauernverband und einigen rabiaten Traktordemonstranten steuern lassen, sondern muss ökologische, bäuerliche Landwirtschaft mit artgerechter Weideund Freilandhaltung gesunder Tierbestände ermöglichen. Leider ist die Macht der Verbraucher mit ihrer Bereitschaft, beim Einkauf bäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen, ein Märchen. Sonst würden nicht Jahr für Jahr viele Höfe zugrunde gehen.