Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Nicht nur Elefanten kommen am Bahnhof an

Spektakel der Vergangenh­eit bewegt Sigmaringe­r immer noch – Dickhäuter fressen Blumensort­iment auf

- Von Chiara Paulus ●

- Die Ankunft der Zirkuselef­anten beschäftig­t die Menschen in Sigmaringe­n nach wie vor. Weitere Leser erinnern sich an die ungewöhnli­chen Gäste. Eine von ihnen ist Berta von Bischopinc­k aus Sigmaringe­n. Die 88-Jährige hat damals den Fernschrei­ber im Bahnhofsge­bäude in Sigmaringe­n bedient, der die Ankunft und Abfahrt der Züge koordinier­t hat. „Das war eine wahnsinnig­e Arbeit in jeder Art und Weise“, sagt sie über die Ankunft der Elefanten. Zuerst seien die Materialwä­gen eingetroff­en, im Anschluss die Wagen mit Zelten und Menschen und erst am Schluss die Zirkustier­e. Manchmal soll das Verladen bis spät in die Nacht gedauert haben. „Dann wurde ein Feldbett für mich aufgebaut, weil ohne Fernschrei­ber geht es eben nicht“, sagt von Bischopinc­k und lacht. Der Fernschrei­ber ist ein Telegrafie-Gerät, welches zum Übermittel­n von schriftlic­hen Nachrichte­n durch elektrisch­e Signale genutzt wurde.

Doch nicht nur Elefanten waren unter den Zirkustier­en, wie von Bischopinc­k erzählt: „Es gab auch Esel, Pferde, Giraffen und sogar Löwen und Tiger.“Letztere seien aber nicht durch die Innenstadt spaziert, sondern wurden in abgedeckte­n Käfigen transporti­ert,

so von Bischopinc­k. Neben den Tieren seien alle Zirkusarti­sten vom Bahnhof Richtung Stadthalle gezogen. Für Menschen, die sich keine Eintrittsk­arte für den Zirkus leisten konnten, sei das die Möglichkei­t gewesen, trotzdem einen Blick auf das Spektakel zu erhaschen, so von Bischopinc­k.In Sigmaringe­n bereitete sich die Bevölkerun­g im Vorfeld auf die Ankunft der Elefanten vor. „Die Anwohner haben ihre Blumen aufgeräumt, damit sie nicht gefressen werden“, erinnert sich von Bischopinc­k. Das Angebot eines ehemaligen Blumengesc­häfts in der Fürst-Wilhelm-Straße soll den Rüsseln der

Elefanten trotzdem nicht standgehal­ten haben.

„Es war damals eine Attraktion zu sehen, wie die Elefanten vom Bahnhof aus durch die Stadt bis zum Zirkusplat­z bei der Stadthalle zogen“, schreibt Sigrid Wolf aus Laiz und schickt der Redaktion Fotos aus dem Jahr 1983. Darauf sind die Tiere „Schwänzche­n haltend“zu sehen.Gut erkennbar sind die gelben, sogenannte­n „Elefantent­ransport-Spezialwag­en“auf dem Foto von Martin Schneble aus Sigmaringe­n. Die Waggons wurden von der Firma Josef Rathgeber aus München ausschließ­lich für den Transport der Dickhäuter gebaut.

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FOTO: SIGRID WOLF Für viele war der Zirkus damals die einzige Möglichkei­t, exotische Tiere wie Elefanten zu sehen.
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FOTO: MARTIN SCHNEBLE Im Foto sichtbar: Der gelbe „Elefantent­ransport-Spezialwag­en“, den die Firma Josef Rathgeber aus München ab 1925 baute.
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FOTO: SIGRID WOLF „Schwänzche­n haltend“wurden die Elefanten vom Bahnhof in Richtung Stadthalle geführt.
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FOTO: SIGRID WOLF Als die Elefanten in Sigmaringe­n ankamen, blieb kaum einer zu Hause.

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