Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Es droht ein kleiner Wurf
Die grün-schwarze Regierungskoalition in Stuttgart hat sich auf ein Bildungspaket geeinigt. Das ist ein gutes Signal, doch nach einem langen Vorlauf steht auch noch ein weiter Weg bevor. Ob daraus tatsächlich ein „großer Wurf “wird, wie ihn die Koalition ankündigt, bleibt völlig ungewiss.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Grüne und CDU eigentlich darauf verständigt, die Finger von der Schulstruktur im Südwesten zu lassen. Dass jetzt ein Umdenken erfolgt ist, ist die Folge öffentlichen Drucks. Einerseits ist es gut, wenn eine Regierung auf die Bedürfnisse der Bevölkerung hört. Andererseits muss die Frage gestellt werden dürfen: Warum nicht gleich so? Dass Baden-Württemberg in Sachen Bildung „abschifft“, wie es CDU-Fraktionschef Manuel Hagel formulierte, zeichnet sich schon lange ab. Aus dem einstigen Vorzeigeland ist ein Nachzügler geworden, der sich Konzepte aus Hamburg abschauen muss, um die Schulen auf Vordermann zu bringen. Weil es Jahre dauern wird, bis die Ergebnisse der Reform sichtbar werden, wird der Südwesten diesen Status auch erst einmal nicht loswerden. Denn eine Umsetzung im Hauruckverfahren würde alle Beteiligten überfordern. Es bleibt ohnehin fraglich, ob Schulen, Kitas und Kommunen die Aufgaben schultern können. Geld allein wird nicht ausreichen – es braucht attraktive Rahmenbedingungen für diejenigen, die am größten Potenzial des Landes arbeiten: an der Bildung der Kinder.
Wenn alle Parteien ihr Ziel ernst meinen, deren Zukunft im Südwesten zu stärken, ist es außerdem an der Zeit, Brücken über die jüngst wieder aufgebrochenen Gräben zwischen Koalition und Opposition zu bauen. Im Landtag war herauszuhören, dass FDP und SPD mit manchen Eckpunkten des Bildungspakets einverstanden sind. Der Frust über die gescheiterte Bildungsallianz sitzt allerdings noch tief. Ob die eine oder andere Seite Schuld trägt, ist unerheblich. Grüne und CDU versprechen, die Hand für konstruktive Vorschläge auszustrecken. Ist das Angebot ernst gemeint, sollte es angenommen werden. Ansonsten droht es nach dem langen Anlauf auch noch ein kleiner, statt ein großer Wurf zu werden.