Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Er war ein Nazi durch und durch“
Das Buch „Täter Helfer Trittbrettfahrer“nimmt Walter Bärlin, Hans Seibold und Wilhelm Boger unter die Lupe
(hab) - Zwei Autoren haben am Freitag in der Häfler Bodenseebibliothek gemeinsam mit Herausgeber Wolfgang Proske ihr Buch „Täter Helfer Trittbrettfahrer“vorgestellt. Der Band widmet sich drei regionalen NS-Tätern. Zahlreiche Gäste hörten Proske zu, der nicht ohne Stolz bekanntgab, dass die Reihe dabei sei, ihren Platz in der Geschichte Baden-Württembergs zu finden. „Die Buchreihe lebt davon, dass verschiedene Autoren ihre Sicht des Nationalsozialismus zeigen“, sagte er. Zwei Autoren des fünften Bandes waren anwesend: Der Historiker Frank Raberg und Wolf-Ulrich Strittmatter. Raberg nahm den ehe-
FRIEDRICHSHAFEN maligen Häfler Bürgermeister Walter Bärlin und Kreisleiter Hans Seibold unter die Lupe: „Bärlin war ein moderater Nationalsozialist, während Seibold ein fanatischer Motor für die NS-Bewegung am See war“, charakterisierte Raberg. Als die französischen Truppen nach Friedrichshafen kamen, leistete Bärlin keinen Widerstand, sondern lief den ihnen mit der weißen Flagge entgegen. Er wurde zunächst als Belasteter eingestuft, aber vor Gericht als Entlasteter entlassen, um 1955 Bürgermeister von Freudenstadt zu werden.
Anders das Schicksal von Seibold, der ein Fanatiker und Kriegsverbrecher war. Im Zuge der Entnazifizie- rung wurde er zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die 1955 aufgrund des Amnestiegesetzes endete. Er blieb aber ein Schuldiger bis an sein Lebensende, so Raberg.
Strittmatter beschäftigte sich mit Wilhelm Boger, der als Polizist und SS-Mann in Friedrichshafen tätig war (inklusive dem massiven Vorgehen gegen Pfarrer Franz Gessler aus Ailingen), um später als enthemmter Gewalttäter in Auschwitz zu herrschen. Über Boger sagte Strittmatter: „Er war ein Nazi durch und durch und legte ein gefürchtetes, brutales Verhalten an den Tag.“Schon als Polizist in Friedrichshafen habe er Leute ins KZ gebracht.