Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kaninchen oder Kohlrabi
Haustiere dienen vor allem einem Zweck: Sie sollen dem Menschen jeweils ähneln – und ihn damit bestätigen. So ist schon immer klar, dass sich Hund und Herrchen auf verblüffende Weise gleichen. Pummelchen mit Mops, Muckimann mit Pitbull, Großmaul mit Kläffer. Heute gehen Herrchen und Frauchen noch einen Schritt weiter: Der Hund soll nicht nur aussehen, sondern auch so sein wie sie. Und da der Mensch den Sinn des Lebens in seinen Wurzeln sieht, gibt es vor allem in Großstädten wie Köln, München und Berlin einen neuen Trend: Barfen. Eine Fressmethode für den Vierbeiner, die sich an Wölfen orientiert. Das bedeutet: In den Napf kommen frische Pansen, Wildfleisch, Putenhälse und Kaninchenfleisch – hauptsache roh und blutig. „Weil der Hund vom Wolf abstammt“, heißt es.
Dass der Wolf eine deutlich geringere Lebenserwartung als der Hund hat, werden die Besitzer noch früh genug merken. Und haben wir uns doch längst an Menschen gewöhnt, die wie Neandertaler brüllen, müssen wir uns nun auf Dackel einstellen, die wie Wölfe heulen. In den Szenevierteln der Städte treffen Sie leicht noch auf einen anderen Typus: den Veganer. Der auch einen Hund besitzt. Der auch sein soll wie Herrchen. Und deshalb zum Veganer wird/werden muss. Statt Kaninchen gibt es hier Kohlrabi. Gemäß dem Motto: friss oder stirb. Wobei ein Hund mit Tofu im Napf denken muss: friss und stirb. Begegnet allerdings ein veganer Zwergpinscher einem Schäferhund im BarfModus, heißt es nur noch: fressen oder gefressen werden.