Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Beim Sport geht es oft unsauber zu
Große Verdienstchancen erschweren eine seriöse Unternehmensführung im Leistungssport
- Gerne werben Unternehmen mit Sportstars, deren Popularität und Erfolg sich auf das jeweilige Produkt übertragen sollen. Das funktioniert aber nur, wenn das Image des Stars makellos bleibt. Sonst wird ein Reklamespot schnell zur Zielscheibe des öffentlichen Spotts. Das musste zum Beispiel die Hypovereinsbank erfahren, die unter dem Motto „wo sich Geld jetzt wohlfühlt“, ausgerechnet mit dem früheren Bayern-Boss Uli Hoeneß warb, der kurz darauf wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis musste.
Auch der Sportartikelhersteller Nike griff einmal schwer daneben. Auf Plakaten warb das US-Unternehmen mit dem südafrikanischen Läufer Oscar Pistorius unter dem Slogan „Just do it“, also mach’ es einfach, mit dem Satz: Ich bin die Kugel im Lauf. Dummerweise hat Pistorius dann seine Freundin erschossen. Die Plakate verschwanden danach. Die Beispiele sind zwar nur spektakuläre Einzelfälle. Doch zeigen sie den Teil eines Problems. Alle hätten gerne einen rundum sauberen Sport, den es jedoch nicht gibt.
BERLIN
Zustand des Sports ist kritisch
Das gilt nach Ansicht der Korruptionsexpertin der Organisation Transparency International (TI), Sylvia Schenk, für viele Bereiche des Sports. Es gibt Korruption bei der Vergabe großer Sportveranstaltungen wie der Fußball-Weltmeisterschaft oder den Olympischen Spielen, Sportler manipulieren Wettbewerbe durch Doping oder Bestechung, es wird bei Transfers von einzelnen Profis gemauschelt oder es werden Arbeitsstandards verletzt, zum Beispiel beim Stadionbau in Katar. Längst hat die Welle der Enthül- lungen auch Ikonen des Sports wie Franz Beckenbauer erreicht. Der Zustand ist kritisch, findet Schenk. „Es geht darum, ob wir je wieder eine Chance haben, Olympische Spiele in Deutschland auszutragen“, sagt sie. Wie groß der Vertrauensverlust der Bevölkerung in den Sport sei, zeige die Ablehnung der Bewerbung in Hamburg.
Wie verbreitet unsaubere Praktiken bei den Leistungssportlern sind, zeigt eine Studie der Deutschen Sporthilfe aus dem Jahr 2013. Knapp sechs Prozent der Befragten gaben zu, dass sie zu Dopingmitteln greifen, jeder Elfte räumte ein, dass er oder sie schon mal an einer Absprache hinsichtlich eines Wettkampfes beteiligt war. Da rund 40 Prozent ehrliche Antworten verweigerten lässt sich eine beträchtliche Dunkelziffer bei diesen Delikten erahnen.
Den Wissenschaftler Eike Emrich vom Institut für Sozioökonomie an der Uni Saarland überraschen derlei Ergebnisse nicht. Er zweifelt auch an der Ernsthaftigkeit des Kampfes ge- gen unerlaubte Mittel zur Leistungssteigerung. „Nicht entdecktes Doping fördert das Einkommen aller“, stellt der Forscher fest. Der Sportler erhält mehr Anerkennung und Geld, wenn er bessere Leistungen bringt. Die Veranstalter können die Wettbewerbe besser vermarkten, Sponsoren an attraktiven Stellen werben. Schließlich wird auch noch das Bedürfnis des Publikums nach immer neuen Bestwerten gestillt.
Solange nicht zu viele Dopingfälle entdeckt würden, so folgert Emrich, funktioniere dieses Interessenbündnis. Die Sportverbände würden Doping auch nur vordergründig bekämpfen. „Es sind Investitionen in den Anschein von Ehrlichkeit“, sagt der Wissenschaftler, der den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit vor allem beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) beobachtet. „Das IOC ist ein internationaler Monopolist, der sehr billig produziert“, erläutert Emrich. Aus Eigeninteresse steuere das IOC den Aufwand für die Dopingbekämpfung so, dass seine Position nicht in Gefahr gerät.
Problematischer Interessenkonflikt
Für TI-Expertin Schenk ist auch die über rein ökonomische Aspekte hinausgehende Verquickung von Interessen problematisch. So sei mit einem Platz auf der Tribüne für Politiker oder Sponsoren ein Imagegewinn verbunden. „Kritiker sind unerwünscht“, sagt Schenk. Das gilt im Übrigen auch für manche Medien, die für Senderechte eine Menge Geld bezahlen. Auch die Fans stehen nicht immer auf der Seite des Wahren und Klaren. Berichte über finanziell zweifelhafte Praktiken von Fußball-Bundesligisten werden dann mit bitterbösen Briefen kommentiert.
Im Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) befasst sich ein Gesprächskreis mit der sauberen Geschäftsführung im Sport. Doch öffentlich äußern mag sich das Ministerium dazu nicht. Dabei sind die beiden Wirtschaftszweige, Profisport und Breitensport, mittlerweile ein beträchtlicher Faktor der Volkswirtschaft. Laut BMWI geben die Konsumenten im Jahr fast 88 Milliarden Euro für ihre sportlichen Aktivitäten aus. Dazu kommen noch einmal rund 5,5 Milliarden Euro für den Konsum des Profi-Fußballs.