Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Eine deutsch-französische Begegnung
Ausstellung „Von Courbet zu Schuch“in der Kunststiftung Hohenkarpfen und in Hüfingen
- Einen würdigen Gast hat sich die Kunststiftung Hohenkarpfen zu ihrem Jubiläum ins Haus geholt: Im 30. Jahr ihres Bestehens zeigt sie Gemälde von Gustave Courbet. Sie konfrontiert ihn mit Bildern seines Zeitgenossen Carl Schuch und anderer Kollegen eines deutsch-französischen Maler-Netzwerks.
Gleich in zwei Häusern findet die Ausstellung „Von Courbet zu Schuch“statt; neben dem kleinen Museum auf dem markanten Zeugenberg bei Spaichingen sind Bilder im Stadtmuseum Hüfingen bei Donaueschingen zu sehen. Das ist kein Zufall, denn die Städtepartnerschaft von Hüfingen zu Ornans im französischen Jura hat die Ausstellung größtenteils ermöglicht – aus dem dortigen Museum stammt ein Teil der Werke. Andere Bilder kommen aus renommierten Museen in Deutschland, Österreich und der Schweiz – ein, auch finanzieller, Kraftakt für die kleine Kunststiftung und ihren Kustos Stefan Borchardt.
HOHENKARPFEN/HÜFINGEN
Vertreter der Moderne
Für Borchardt schließt sich mit der Ausstellung in gewisser Weise ein Kreis, hat er doch vor Jahren über Courbet (und Manet) als Vertreter einer neuen Moderne promoviert. Er hat die Konzeption der Ausstellung entworfen, die vor allem auf der Gegenüberstellung von Courbet (1819 bis 1877) und Carl Schuch (1846 bis 1907), Österreicher deutscher Herkunft, beruht.
Die Verbindung der beiden Künstler erschließt sich erst auf den zweiten Blick: Courbet und Schuch sind sich nie persönlich begegnet. Aber beide kannten wohl jeweils das Werk des anderen. Für Schuch war Courbet ein Vorbild. Beide waren Teile einer Gruppe von deutschen und französischen Künstlern, die einander schätzten, gegenseitig förderten, einander beeinflussten. Dazu gehören so bekannte Namen wie Hans Thoma, Wilhelm Leibl oder Wilhelm Trübner, von denen ebenfalls einzelne Werke in der Doppelausstellung vertreten sind. Bei Courbet und Schuch geht die Beziehung sogar so weit, dass der Wiener im Jura, Courbets Heimat, Motive aufgesucht hat, die auch jener abgebildet hatte – das alles, wohlgemerkt, in einer Zeit, alsDeutschland und Frankreich sich noch als Feinde gerierten.
In dieser Zeit besuchte Courbet mehrfach Deutschland. Seine Werke wurden hier ausgestellt. Er galt wie in seiner Heimat als Malerstar. In München malte er Bilder wie auf eine Bühne vor einer staunenden Öffentlichkeit.
Ein echter Coup
Mit Courbet, dem erst 2010 in der Frankfurter Schirn und 2014 in der Fondation Beyeler in Basel-Riehen bedeutende Retrospektiven gewidmet waren, ist der Kunststiftung ein echter Coup gelungen. Seine großen Meisterwerke wie das „Selbstportrait als Verzweifelter“oder der berühmtberüchtigte „Ursprung der Welt“fehlen naturgemäß. Doch auch die ausgestellten Werke sind allemal den Besuch wert: Die wilde „Verschneite Quellhöhle“etwa, die schon der Abstraktion nahe ist, oder der stille „Bach der Brême“mit seinen unendlich fein ziselierten Baumblättern.
Doch die Entdeckung der klug gehängten Ausstellungen ist Carl Schuch, dessen Landschaften und Stillleben ihn als Vertreter jener Malerei des 19. Jahrhunderts ausweisen, die im Schatten des strahlenden Lichts der Impressionisten fast verschwand. Schon vor 30 Jahren zeigten die Kunsthalle Mannheim und das Lenbachhaus München „Cezanne, Manet, Schuch“und demonstrierten mit diesem Dreiklang dessen Stellenwert. Der Hohenkarpfen greift diesen Gedanken nun auf. Man entdeckt Pretiosen wie die „Schleuse bei Kähnsdorf“, die einen Bach inmitten von Wiesen und Büschen zeigt, alles in gedeckten Farben, vor- wiegend Grüntönen – und da, mittendrin, ganz unscheinbar, eine einzelne winzige rote Mohnblüte.