Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Familien fragen vermehrt nach „wellcome“
Ehrenamtliche in der Nachbarschaftshilfe gesucht für stundenweise Unterstützung
(sz) – Seit fast sechs Jahren nehmen junge Familien im Landkreis Ravensburg das Angebot von „wellcome“in Anspruch: Sie erhalten stundenweise Unterstützung in Form von ehrenamtlicher Nachbarschaftshilfe. Zunehmend nutzen psycho-sozial belastete Familien den Dienst, der von der Stiftung Liebenau für die Region Schussental getragen wird. Entsprechend steigt der Spendenbedarf – denn für „wellcome“gibt es kaum öffentliche Mittel. Der Dienst wird großteils aus Spendenerträgen der Stiftung finanziert.
17 Familien freuten sich 2015 im Kreis Ravensburg über einen ganz persönlichen „wellcome-Engel“, der sie einmal die Woche für zwei bis drei Stunden besuchte. „Insgesamt 12 Ehrenamtliche standen den Familien helfend zur Seite. Dabei leisteten sie mehr als 230 Stunden.“,wellcome’ ist grundsätzlich ein Angebot für alle Familien. 2015 befand sich ein Drittel der Familien in einer psycho-sozial belastenden Situation. „Dies beinhaltet intensivere Betreuung der Familien und engmaschigere Begleitung der Ehrenamtlichen durch die Koordinatorin. Ich bin nun zusätzlich auch bei Hausbesuchen selbst gefragt“, sagt Koordinatorin Silke
LIEBENAU Haller, die Familien und Ehrenamtliche passgenau zusammenführt.
Besonders erinnert sie sich an Miriam R. (Name geändert). Die alleinerziehende Mutter war im Umgang mit dem ständig schreienden Säugling sehr unsicher und bekam kurz nach der Geburt eine Wochenbettdepression. „Von fachlicher Seite aus war die Mutter gut durch das Jugendamt und die Frühen Hilfen versorgt, aber wenn man finanziell nicht weiß, wie man über die Runden kommt, das Kind permanent weint und kein Partner zur Unterstützung da ist, dreht sich die Stress-Spirale schnell nach oben“, berichtet sie vom besonders zeitintensiven Einsatz. Der Fall von Miriam R. ist ein Beispiel dafür, wie wichtig eine Unterstützung ergänzend zu professionellen Hilfen sei. Ähnlich stark belastete Mütter können so eine kurze Auszeit für sich nutzen. „Die Ehrenamtliche kommt nicht als Fachkraft in die Familie, sondern als Mensch. Sie nimmt der Mutter das Kind für einige Zeit ab, damit diese zum Beispiel in Ruhe duschen oder Schlaf nachholen kann.“
Maximal bis zum ersten Geburtstag des Kindes bleiben die Helfer in einer Familie. „Durch die gestiegene Nachfrage können wir Einsätze kaum noch bewältigen“, so Haller, die immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen ist. Treffen und Schulungen, die diese stärken, werden mithilfe von Spenden finanziert. Für Haller ein Einsatz, der sich lohnt: Die Freude und Dankbarkeit der Eltern zeige ihr täglich, wie wichtig der Dienst der „wellcome-Engel“sei.