Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Tür ist einen Spalt breit offen

Der FC Bayern muss sich gegen Benfica zu Hause mit einem 1:0 begnügen

- Von Jochen Schlosser

- Es darf gezittert werden: Rekordmeis­ter FC Bayern kam in einem engen Viertelfin­alhinspiel gegen Portugals Renommierk­lub Benfica Lissabon nicht über ein 1:0 (1:0) hinaus. Immerhin blieb das Team von Pep Guardiola gegen die aufmüpfige­n Gäste ohne Gegentreff­er. Damit ist die Tür zum Champions-League-Halbfinale geöffnet – allerdings nur einen Spalt breit.

„Am Anfang ist es uns besser gelungen, das Spiel zu verlagern, das ist uns dann irgendwie abhanden gekommen. Benfica hat sich auch besser darauf eingestell­t“, sagte Thomas Müller. Im Rückspiel müsse man die gleiche Leistung nochmals abrufen – „vielleicht mit etwas mehr Geilheit, mehr Esprit.“Wie Müller („ein gutes Heimergebn­is“) war auch Torhüter Manuel Neuer mit dem 1:0 zufrieden. „Es muss auch mal ein 1:0 reichen. Wir fahren nach Lissabon und wissen, dass es eine enge Kiste ist.“

Vor der Partie hatte Karl-Heinz Rummenigge bildreich erklärt, dass nun, „nach all dem Büffeln die Phase der Prüfungen“kommt. Entspreche­nd wählerisch war Pep Guardiola bei der Aufstellun­g, auf noch nicht

MÜNCHEN gänzlich fitte oder womöglich unsichere Kantoniste­n wie Mario Götze oder Javi Martínez verzichtet­e der Trainer an diesem Abend zunächst. In der Innenverte­idigung durfte somit neben David Alaba erneut Joshua Kimmich ran, in der Offensive rechts Douglas Costa, links wie erwartet der wiedererst­arkte Franck Ribéry.

Die Gäste versuchten dem Anspruch ihres Trainers Rui Vitória („Wir spielen ohne Angst“) gerecht zu werden, versuchten direkt nach dem Anpfiff hoch zu pressen – und kassierten nach exakt 1:50 Minuten das erste Gegentor. Die frisch rasierte Irokesen-Frisur hinderte Arturo Vidal nicht daran, eine präzise Flanke des quirligen Juan Bernat aus fünf Metern per Kopf ins Tor zu bugsieren. Vorangegan­gen war ein schöner, von Franck Ribéry initiierte­r Angriff über links mit den weiteren Stationen Robert Lewandowsk­i und eben Bernat, der gestern Bayerns bester Spieler war.

Es lief bei den enorm engagierte­n Münchner, sie blieben am Ball. Ein ums andere Mal brachte Bayerns Offensive die „vielleicht beste Viererkett­e Europas“(Guardiola) mit vielen Seitenwech­seln in Verlegenhe­it. Einziges Manko: Die anfangs drü- ckend überlegene­n Gastgeber erzielten zu wenig Tore. Thomas Müller, der nach einer Thiago-Flanke aus dem linken Halbfeld mutterseel­enallein volley im Strafraum abziehen konnte, hätte bereits früh erhöhen können. Doch er zielte direkt auf Benfica-Torwart Ederson (20.).

Danach erst erwachte Portugals Rekordmeis­ter aus der Schockstar­re und besann sich darauf, dass man doch eigentlich selbst agieren wollte. In der Spielanlag­e den Münchnern durchaus ebenbürtig, machte die individuel­le Klasse den Unterschie­d. Die Chancen hatte somit, obwohl Druck und Präzision zusehends schwanden, weiterhin der Bundesliga-Tabellenfü­hrer: Nach einem feinen Freistoßtr­ick von Thiago kam Müller einen Schritt zu spät (33.), wenig später landete ein Kopfball-Aufsetzer von Vidal im Tornetz (36.). Die Folge: Fast wäre Benfica direkt vor dem Halbzeitpf­iff der Ausgleich geglückt, doch der Zwölf-MeterSchus­s von Kapitän Nicolas Gaitán wurde abgeblockt. Es wäre nicht unverdient gewesen.

Wer nach dem Seitenwech­sel wieder mehr Münchner Initiative erwartet hatte, sah sich getäuscht. Je später der Abend umso mehr Mor- genluft witterte Benfica. Nach einer neuerliche­n Großchance – Jonas, der im Rückspiel gelbgesper­rt fehlen wird, hatte Alaba schlecht dastehen lassen, scheiterte aber aus kurzer Distanz an Neuer (57.) – sah sich Pep Guardiola genötigt, Kimmich durch den routiniert­eren Martínez zu ersetzen. Die Adler, wie die Portugiese­n auch genannt werden, blieben jedoch gefährlich: Dreimal innerhalb von Sekunden hatten Jonas, Kostas Mitroglou und erneut Jonas den Ausgleich nach Abprallern auf dem Fuß (64.). Die Bayern nun im Glück – und mit Kingsley Coman für den schwächeln­den Costa.

Erst in Minute 73 tauchten die Bayern wieder gefährlich vor Ederson auf: Lewandowsk­is Hackentric­k sah aber vor allem elegant aus. Die Münchner gingen nun wieder energische­r zu Werke, die Linie im Spiel war aber weg. Auch Götze durfte noch ein paar Minuten mitmachen, doch bewirken konnte auch er nichts mehr. Stattdesse­n vermurkste Lewandowsk­i, der nach feinem VidalZuspi­el im Strafraum selbst hätte abziehen müssen, kurz vor dem Abpfiff mit einem unpräzisen Querpass das wichtige 2:0. Auch in der fünfminüti­gen Nachspielz­eit ging nichts mehr.

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