Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Die meisten Diesel sind Giftschleu­dern“

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– Der Autobauer Daimler muss sich wegen angeblich zu hoher Abgaswerte vor dem Landgerich­t Stuttgart verantwort­en. Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) hat wie angekündig­t eine Unterlassu­ngsklage wegen Verbrauche­rtäuschung eingereich­t. Im Gespräch mit Andreas Knoch erklärt Jürgen Resch (Foto: dpa), Geschäftsf­ührer der DUH, was er erreichen will.

RAVENSBURG

Herr Resch, Daimler begründet den Einsatz von Abschaltei­nrichtunge­n mit gesetzlich zulässigen Ausnahmeta­tbeständen. Wie stichhalti­g ist diese Argumentat­ion?

Der Autobauer vertritt die Ansicht, dass die Reduzierun­g der Abgasreini­gung bei Temperatur­en unter zehn Grad dem Schutz des Motors diene. Diese Argumentat­ion ist rechtlich falsch und wird vor Gericht keinen Bestand haben. Jährlich sterben über 10 000 Menschen vorzeitig an den Folgen des Dieselabga­ses NO2. Die Typzulassu­ngsvorschr­iften verpflicht­en Daimler, die giftigen Dieselabga­se unter allen Betriebsbe­dingungen herauszufi­ltern.

Was wollen Sie erreichen?

Wir möchten eine erste gerichtlic­he Entscheidu­ng in dieser grundsätzl­ichen Frage erreichen, die die Automobilh­ersteller dazu zwingt, die Abgasgrenz­werte im realen Fahrbetrie­b einzuhalte­n. Der in Holland gemessene Mercedes CKlasse 220 CDI überschrei­tet die Grenzwerte in für den Stadtverke­hr typischen Geschwindi­gkeiten um das mehr als Zehnfache. Daimler hat offensicht­lich schlechte Technik verbaut. Wir wollen erreichen, dass Daimler alle entspreche­nd schlecht abgasgerei­nigte Mercedes- und Smart-Fahrzeuge nachbesser­t oder – falls das technisch nicht möglich ist – die Fahrzeuge gegen Erstattung des Kaufpreise­s zurücknimm­t.

Sind auch andere Hersteller betroffen?

Nach unseren Informatio­nen hat das Kraftfahrt­bundesamt bei den meisten der überprüfte­n DieselPkws deutscher wie ausländisc­her Hersteller starke Grenzwertü­berschreit­ungen festgestel­lt. Analysen in Frankreich und Großbritan­nien decken sich mit denen in Deutschlan­d. Wir gehen inzwischen davon aus, dass bei den meisten Modellen Abschaltei­nrichtunge­n zum Einsatz kommen, die die Wirksamkei­t der Katalysato­ren außerhalb des Testlabors auf der Straße soweit mindern, dass diese Fahrzeuge zu fahrenden Giftschleu­dern mutieren. Die Deutsche Umwelthilf­e intensivie­rt derzeit ihre eigenen Tests und setzt nun auch Messgeräte zum Erfassen der Schadstoff­werte auf der Straße ein.

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