Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Die Flitterwochen sind vorbei
„Panama Papers“bringen neuen Fifa-Präsidenten Gianni Infantino in Erklärungsnot
(dpa) - Razzia in der UefaZentrale und ein Strafverfahren der Schweizer Bundesanwaltschaft: Der neue Fifa-Präsident Gianni Infantino gerät nur sechs Wochen nach seiner Wahl massiv in Bedrängnis und Erklärungsnot. Nach Berichten der „Süddeutschen Zeitung“unter Berufung auf die „Panama Papers“über angeblich zweifelhafte Geschäfte des früheren Uefa-Generalsekretärs durchsuchte die Schweizer Bundespolizei am Mittwoch die Zentrale der Europäischen Fußball-Union in Nyon. Die Beamten forderten Einsicht in die Verträge zwischen der Uefa und der Briefkastenfirma Cross Trading.
Wenig später teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft mit, wegen des „Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und eventuell der Veruntreuung“in einem Strafverfahren zu ermitteln. Diese richtet sich derzeit allerdings nicht gegen eine konkrete Person. Es stehe „in Zusammenhang mit dem Erwerb von TVÜbertragungsrechten und richtet sich gegen unbekannte Täterschaft“. Bei der Razzia in der noblen Verbandszentrale am Genfer See und an einem weiteren unbekannten Ort sollten „Beweise sichergestellt“werden.
ZÜRICH
Zusammenarbeit zugesichert
Die Uefa, die tags zuvor noch ebenso wie Infantino in teils drastischer Wortwahl die Vorwürfe zurückgewiesen hatte, sicherte den Behörden ihre Zusammenarbeit zu. „Natürlich stellt die Uefa der Bundespolizei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfänglich kooperieren“, hieß es in einer Mitteilung.
Die „SZ“hatte berichtet, dass Infantino 2006 in seiner Funktion als Direktor der Uefa-Rechtsabteilung Verträge mit dem Unternehmen Cross Trading unterzeichnet haben soll, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im Fifa-Skandal waren. Dabei ging es um Fernsehrechte. Die südamerikanischen TVRechtehändler Hugo und Mariano Jinkis sollen mit den Verträgen da- mals TV-Rechte für die Champions League erworben und diese mit hohem Gewinn in Lateinamerika weiterverkauft haben.
Keine zwei Monate nach seiner Wahl zum Nachfolger des gesperrten früheren Fifa-Chefs Joseph Blatter wurde das Versprechen Infantinos ad absurdum geführt. „Ich will eine neue Ära bei der Fifa einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt“, hatte der Schweizer Ende Februar gesagt. Doch nun dominiert schon wieder das Geschehen abseits des Platzes die Schlagzeilen. Der ebenfalls durch die „Panama Papers“in Bedrängnis gebrachte Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay trat am Mittwoch aus der Fifa-Ethikkommission zurück. Er soll drei Angeklagten im Fifa-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherweise Fußball-Funktionäre bestochen worden sein sollen.
Infantino und die Uefa reagierten mit ungewohnt ausführlichen Stellungnahmen. „Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhalten der Uefa oder mir in dieser Angelegenheit“, wurde Infantino in einer Pressemitteilung zitiert. Die Uefa reagierte „bestürzt“auf die Medienberichte und suggerierte „nicht nur einen traurigen Tag für den Fußball, sondern auch einen traurigen Tag für den Journalismus“.
Der 46-Jährige gab an, niemals persönlich mit Cross Trading oder deren Eigentürmern verhandelt zu haben. Der Bieterprozess sei damals nach einer offenen Ausschreibung der Marketingabteilung geführt worden. „Die Rechte wurden an Teleamazonas/Cross Trading vergeben, da dies der Höchstbietende auf dem Markt war“, teilte die Uefa mit. Einige Medien würden „die Sachverhalte falsch darstellen und die Öffentlichkeit in die Irre führen“, hieß es.
Vorwerfen lassen müssen sich Uefa und Infantino jedoch, dass sie zunächst falsche Auskünfte gegeben haben. Zunächst hatte die Konföderation im September 2015 der „SZ“verneint, dass es „geschäftliche Beziehungen“mit Angeklagten im FifaSkandal gegeben hätte. Erst vor gut einer Woche habe die Uefa eingeräumt, dass es einen Vertrag mit der Firma von Jinkis gab.