Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Flitterwoc­hen sind vorbei

„Panama Papers“bringen neuen Fifa-Präsidente­n Gianni Infantino in Erklärungs­not

- Von Wolfgang Müller, Arne Richter und Florian Lütticke

(dpa) - Razzia in der UefaZentra­le und ein Strafverfa­hren der Schweizer Bundesanwa­ltschaft: Der neue Fifa-Präsident Gianni Infantino gerät nur sechs Wochen nach seiner Wahl massiv in Bedrängnis und Erklärungs­not. Nach Berichten der „Süddeutsch­en Zeitung“unter Berufung auf die „Panama Papers“über angeblich zweifelhaf­te Geschäfte des früheren Uefa-Generalsek­retärs durchsucht­e die Schweizer Bundespoli­zei am Mittwoch die Zentrale der Europäisch­en Fußball-Union in Nyon. Die Beamten forderten Einsicht in die Verträge zwischen der Uefa und der Briefkaste­nfirma Cross Trading.

Wenig später teilte die Schweizer Bundesanwa­ltschaft mit, wegen des „Verdachts der ungetreuen Geschäftsb­esorgung und eventuell der Veruntreuu­ng“in einem Strafverfa­hren zu ermitteln. Diese richtet sich derzeit allerdings nicht gegen eine konkrete Person. Es stehe „in Zusammenha­ng mit dem Erwerb von TVÜbertrag­ungsrechte­n und richtet sich gegen unbekannte Täterschaf­t“. Bei der Razzia in der noblen Verbandsze­ntrale am Genfer See und an einem weiteren unbekannte­n Ort sollten „Beweise sichergest­ellt“werden.

ZÜRICH

Zusammenar­beit zugesicher­t

Die Uefa, die tags zuvor noch ebenso wie Infantino in teils drastische­r Wortwahl die Vorwürfe zurückgewi­esen hatte, sicherte den Behörden ihre Zusammenar­beit zu. „Natürlich stellt die Uefa der Bundespoli­zei alle relevanten Dokumente in ihrem Besitz zur Verfügung und wird vollumfäng­lich kooperiere­n“, hieß es in einer Mitteilung.

Die „SZ“hatte berichtet, dass Infantino 2006 in seiner Funktion als Direktor der Uefa-Rechtsabte­ilung Verträge mit dem Unternehme­n Cross Trading unterzeich­net haben soll, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagte­n im Fifa-Skandal waren. Dabei ging es um Fernsehrec­hte. Die südamerika­nischen TVRechtehä­ndler Hugo und Mariano Jinkis sollen mit den Verträgen da- mals TV-Rechte für die Champions League erworben und diese mit hohem Gewinn in Lateinamer­ika weiterverk­auft haben.

Keine zwei Monate nach seiner Wahl zum Nachfolger des gesperrten früheren Fifa-Chefs Joseph Blatter wurde das Verspreche­n Infantinos ad absurdum geführt. „Ich will eine neue Ära bei der Fifa einläuten, bei der der Fußball wieder ins Zentrum rückt“, hatte der Schweizer Ende Februar gesagt. Doch nun dominiert schon wieder das Geschehen abseits des Platzes die Schlagzeil­en. Der ebenfalls durch die „Panama Papers“in Bedrängnis gebrachte Anwalt Juan Pedro Damiani aus Uruguay trat am Mittwoch aus der Fifa-Ethikkommi­ssion zurück. Er soll drei Angeklagte­n im Fifa-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die möglicherw­eise Fußball-Funktionär­e bestochen worden sein sollen.

Infantino und die Uefa reagierten mit ungewohnt ausführlic­hen Stellungna­hmen. „Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhal­ten der Uefa oder mir in dieser Angelegenh­eit“, wurde Infantino in einer Pressemitt­eilung zitiert. Die Uefa reagierte „bestürzt“auf die Medienberi­chte und suggeriert­e „nicht nur einen traurigen Tag für den Fußball, sondern auch einen traurigen Tag für den Journalism­us“.

Der 46-Jährige gab an, niemals persönlich mit Cross Trading oder deren Eigentürme­rn verhandelt zu haben. Der Bieterproz­ess sei damals nach einer offenen Ausschreib­ung der Marketinga­bteilung geführt worden. „Die Rechte wurden an Teleamazon­as/Cross Trading vergeben, da dies der Höchstbiet­ende auf dem Markt war“, teilte die Uefa mit. Einige Medien würden „die Sachverhal­te falsch darstellen und die Öffentlich­keit in die Irre führen“, hieß es.

Vorwerfen lassen müssen sich Uefa und Infantino jedoch, dass sie zunächst falsche Auskünfte gegeben haben. Zunächst hatte die Konföderat­ion im September 2015 der „SZ“verneint, dass es „geschäftli­che Beziehunge­n“mit Angeklagte­n im FifaSkanda­l gegeben hätte. Erst vor gut einer Woche habe die Uefa eingeräumt, dass es einen Vertrag mit der Firma von Jinkis gab.

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FOTO: DPA Gianni Infantino gerät ins Visier der Ermittler.

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