Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gegen den Menschenhandel
Regierung bringt Strafgesetz gegen Zwangsprostitution auf den Weg
(KNA) - Die Bundesregierung will Kinder und Frauen besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution schützen. Dazu beschloss das Kabinett am Mittwoch eine strafrechtliche Ergänzung zu einem Gesetzentwurf, der die EURichtlinie gegen Menschenhandel umsetzen soll. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Wer die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzt, indem er sexuelle Handlungen an ihnen vornimmt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.“
Der Entwurf erweitert die Straftatbestände der Zwangsprostitution und Zwangsarbeit und sieht nach Angaben des Ministeriums neue Straftatbestände der Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung vor.
Demnach droht Freiern, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen, eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Allerdings ist Straffreiheit vorgesehen, wenn der Freier die Zwangsprostitution anzeigt. Ebenso macht sich strafbar, wer ein Opfer unter Ausnutzung seiner Zwangslage nach Deutschland bringt, wenn er weiß, dass das Opfer zur Zwangsprostitution, zur Begehung von Straftaten oder zur Organentnahme gezwungen werden wird.
Die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), kritisierte, dass der Entwurf nicht „die wichtigen Tatbestände der Zuhälterei und der Ausbeutung von Prostituierten“reformiere. Dies sei mit der SPD nicht möglich gewesen.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner, verwies auf Schätzungen, wonach in Deutschland 400 000 Frauen „unter menschenverachtenden Umständen ausgenutzt werden“. Mit einer „präzisen Neufassung des Tatbestandes Menschenhandel“könnten die Ermittlungsbehörden nun effektiver gegen Menschenhändler vorgehen und Frauen besser schützen.
BERLIN
Die Fraktionsvize der Linkspartei, Cornelia Möhring, bezweifelte, dass die Bestrafung von Freiern ein adäquates Mittel gegen Menschenhandel sei. Zugleich spielten die Opfer „hier wieder einmal fast keine Rolle“. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, sah in der Strafverfolgung von Freiern von Zwangsprostituierten hingegen „ein lang überfälliges Element, um gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“vorzugehen. Auch sie forderte Hilfen für Opfer, etwa Zeugenschutzprogramme.
Noch nicht genug
Für die Menschenrechtsorganisation Solwodi geht die vorgesehene Bestrafung von Freiern in die richtige Richtung. Dies reiche aber nicht aus, erklärte Solwodi-Gründerin Schwester Lea Ackermann in Boppard. Sie forderte, dem Vorbild nordischer Länder zu folgen und den Kauf sexueller Dienstleistungen generell zu verbieten.