Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Starke Geschichte
„Freeheld“– Julianne Moore beeindruckt als lesbische Frau
esbische Liebe gibt es auf der Kinoleinwand selten zu sehen. Eine Ausnahme der vergangenen Jahre war der Film „Blau ist eine warme Farbe“, die mit den Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos und expliziten Sexszenen für Gesprächsstoff sorgte. Zuletzt berührte „Carol“über eine lesbische Liebe in den prüden 1950er-Jahren mit Cate Blanchett und Rooney Mara. Auch „Freeheld – Jede Liebe ist gleich“erzählt eine packende und zudem wahre Geschichte von zwei Frauen, die um ihre Liebe kämpfen. An die genannten Vorgänger reicht dieses Drama jedoch nicht heran.
Julianne Moore spielt die selbstbewusste, aber privat verschlossene Polizistin Laurel Hester, die ihren Kollegen verschweigt, dass sie lesbisch ist. Mit der fast 20 Jahre jüngeren Freundin Stacie Andree (Ellen Page) bezieht sie ein Haus. Der Traum vom Eigenheim mit Hund und Partnerin platzt schnell, als Laurel an Krebs erkrankt. Der letzte Wunsch der sterbenden Frau: Die Freundin soll ihre Pension erhalten, wie es bei Ehepartnern im Todesfall üblich ist. Der Kampf um Gleichberechtigung vor den Behörden wird zum Wettlauf gegen die Zeit.
Die Zutaten für ein starkes Drama stimmen: eine wahre Geschichte, Spitzenschauspieler, das Drehbuch von „Philadelphia“-Autor Ron Nyswaner, die musikalische Untermalung von Hans Zimmer. Doch „Freeheld“reißt den Zuschauer nicht mit. Dafür spult Regisseur Peter Sollett die Liebesgeschichte zu konventionell und vorhersehbar ab.
Was den Film dennoch sehenswert macht, ist die Geschichte der Frauen. Sie war schon Vorlage für den Kurzfilm „Freeheld“, der 2008 den Oscar für die beste Kurzdokumentation holte. Moore spielt mit gewohnter Intensität, doch an ihr bewegendes „Still Alice“-Porträt als Alzheimer-Kranke kann die 55-Jährige nicht anknüpfen. Die Chemie zwischen Moore und Page stimmt nicht, die Liebe des Paares kommt nur selten zum Ausdruck. Und das, obwohl der Film für die 29-jährige Ellen Page eine „sehr persönliche und sehr bewegende Angelegenheit“war. Vor zwei Jahren hatte die Schauspielerin ihre Homosexualität öffentlich gemacht.
Überzeugender fallen Moores Szenen mit ihrem männlichen Kollegen aus. Michael Shannon spielt einen Kriminalbeamten, der sich für die Frauen starkmacht. Doch die stärkste (Neben-) Rolle hat ausgerechnet der Komödienstar Steve Carell als schwuler Aktivist, der den Kampf der Frauen ins Rampenlicht rückt.
Kurz vor ihrem Tod 2006 erstritt die reale Laurel Hester die Rente für ihre Partnerin. Es war ein Meilenstein auf dem Weg zur Zulassung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den USA. Stacie Andree lebt heute noch in dem gemeinsamen Haus. (dpa)