Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schweinehe­rz schlägt in Affenkörpe­r

Transplant­iertes Organ hält länger durch als gewöhnlich der Fall

- Andrea Barthélémy

(dpa) - Dank eines speziellen Wirkstoffc­ocktails hat ein Schweinehe­rz im Körper eines Affen gut zweieinhal­b Jahre geschlagen – so lange wie nie zuvor. 945 Tage lang arbeitete das in den Bauchraum des Pavians implantier­te Organ, wie USamerikan­ische und deutsche Forscher im Fachmagazi­n „Nature Communicat­ions“berichten. In Versuchen zuvor habe dies nur maximal halb so lange funktionie­rt.

Der Organausta­usch über Artgrenzen hinweg, Xenotransp­lantation genannt, wird angesichts fehlender Spenderorg­ane als mögliche Alternativ­e für Menschen erforscht. Das größte Problem dabei sind bis-

WASHINGTON her die heftigen Abstoßreak­tionen bei speziesfre­mden Implantate­n.

298 Tage im Schnitt

Diese Reaktionen hat das Team um Muhammad Mohiuddin von den National Institutes of Health (NIH) in Bethesda (US-Staat Maryland) nun bei fünf Anubispavi­anen vergleichs­weise lange verhindern können. Den zwei bis drei Jahre alten Affen wurden Herzen genmodifiz­ierter, sechs bis acht Wochen alter Schweine eingesetzt. Im Schnitt arbeiteten die Organe 298 Tage. Sie waren im Bauchraum der Affen an deren Blutversor­gung angeschlos­sen, pumpten aber, ohne deren normale Herzfunkti­on zu ersetzen. „Diese wirklich zu ersetzen, wird der nächste Schritt sein, an dem wir in München gerade arbeiten“, erläutert Prof. Bruno Reichart, Sprecher des DFG-Sonderfors­chungsbere­ichs für Xenotransp­lantation (Transregio 127). Zwei Kollegen von der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät in München wirkten bei der US-Studie mit. „Die Meisterlei­stung bei diesen Versuchen war die erfolgreic­he Immunsuppr­ession“, sagt Reichart. „Sie ist sehr simpel, nicht toxisch und auch beim Menschen machbar.“

Mohiuddins Team verwendete einen Mix aus bestimmten Antikörper­n und Medikament­en, der verhindert­e, dass die Affenkörpe­r die Schweinehe­rzen als fremd abstießen. „Die Organe starben erst ab, nachdem die Immunsuppr­ession ab- gesetzt wurde, um zu testen, ob die Organe sich eventuell angepasst hätten“, erläutert Reichart. Die Schweinehe­rzen stammten von genmodifiz­ierten Tieren, deren Organe sich besser an die menschlich­en Blutgerinn­ungsfaktor­en anpassten.

Stoffwechs­el ähnelt sich

Schweine sind auch für Menschen potenziell­e Organspend­er, da ihr Stoffwechs­el dem menschlich­en ähnelt. 2015 gab es nach Daten der Deutschen Stiftung Organtrans­plantation (DSO) allein in Deutschlan­d mehr als 280 Herztransp­lantatione­n. Im Jahr zuvor standen gut 300 Transplant­ationen mehr als 500 Menschen gegenüber, die auf ein Spenderher­z warteten.

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