Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mit der Kraft der Jugend
Die TTF Ochsenhausen haben im Halbfinal-Hinspiel gegen Saarbrücken nichts zu verlieren
- Auf den ersten Blick klingt es seltsam: Ein Vierteljahrhundert lang spielten die TTF Liebherr Ochsenhausen in Biberach, nun, ausgerechnet zum Saison-Endspurt, in einer Zeit, in der Automatismen greifen sollten, kehrt der Tischtennis-Bundesligist zurück in seine Heimatstadt. Nachdem die Schwaben bereits das letzte Vorrundenspiel gegen Grenzau in Ochsenhausen bestritten hatten und dabei 0:3 baden gingen, findet auch das Halbfinal-Hinspiel gegen den 1. FC Saarbrücken am Freitag (19 Uhr) in der Hans-Liebherr-Halle statt – einer kleinen Turn- und Schulsporthalle neben der TTF-Akademie, die mit 600 Zuschauern (inklusive Zusatztribüne) restlos gefüllt sein dürfte.
Grund für den Standortwechsel sind Terminprobleme: Am Ostermontag gegen Grenzau blockierte das traditionsreiche Ibot-Handball-Turnier die Biberacher BSZ-Halle, am Freitag findet dort ein Trampolinwettkampf statt, der die TTF in logistische Schwierigkeiten brachte. Denn ursprünglich sollte das Halbfinale laut Liga eine Woche später stattfinden. Weil der Weltverband sein OlympiaQualifikationsturnier kurzfristig verlegte, müssen die TTF erneut in die Heimat ausweichen. Glaubt man Präsident Kristijan Pejinovic, tun sie dies allerdings gern: „Wir haben dort bereits trainiert, es wird uns keine Zuschauer kosten, und die Stimmung gegen Grenzau war grandios. Wir genießen das Gefühl, zu Hause zu sein.“
Wie sehr sie es tatsächlich sind, dürfte die Frage sein, denn das Team von Dubravko Skoric geht nicht ohne Probleme ins Generationenduell ge-
OCHSENHAUSEN gen die im Schnitt elf Jahre älteren Saarbrücker, die auf den Ex-Ochsenhausener Tiago Apolonia, Bojan Tokic und Adrian Mattenet setzen.
Vor allem die Verfassung von Liam Pitchford, der im Sommer zum französischen Klub Hennebont wechselt, macht den TTF Sorgen. Der 22-Jährige, 39. der Weltrangliste, wurde vor einem Monat mit den Briten zwar sensationell Dritter bei der Team-WM, gegen Grenzau aber hinterließ er beim 0:3 gegen Andrej Gacina einen desolaten Eindruck. Die Gründe sind nachvollziehbar: Seit dem Winter, erklärte Pejinovic, leide Pitchford unter „starkem Heimweh in Verbindung mit Trennungsschmerz, da er zu seiner großen Liebe nach Schweden möchte. Dort will er künftig überwiegend leben, Teile des Jahres auch in England.“Nach Hennebont wechselt er deshalb, weil die Spieler dort erst kurz vor ihren Einsätzen anreisen und nicht in Trainingsgruppen integriert sind. Pitchford, seit sechs Jahren bei den TTF, konsultiert zwar Sporttherapeuten, dass er am Freitag spielt, darf aber bezweifelt werden – trotz seiner 12:6Bilanz in der Liga.
Düsseldorf fast sicher im Finale
Simon Gauzy (21/16:8), Hugo Calderano (19/8:3) und Jakub Dyjas (20/9:9), der sich durch drei Siege bei U21-Protour-Turnieren in der Weltrangliste rasant um 60 Plätze auf Rang 44 verbesserte, werden also ihre Feuertaufe in den Playoffs erleben, und genau das macht Pejinovic ein wenig nervös: „Wir sind klarer Außenseiter, wer etwas anderes behauptet, hat wenig Ahnung von Tischtennis. Manche haben uns nach dem Sieg gegen Düsseldorf schon zum Titelfavoriten erklärt, aber unsere Jungs sind zum ersten Mal in so einer Finalsituation, das wird neu für sie sein. Saarbrücken hat viel mehr Erfahrung, und sie konnten Tiago zuletzt noch schonen.“
Gerade die Kraft der Jugend könnte auch ein Trumpf der TTF sein. Die jüngste Mannschaft in der 50-jährigen Bundesligageschichte hat nichts zu verlieren, sie ist bereits in der Punkterunde, in der sie lange Zeit Tabellenführer war, über sich hinausgewachsen. 1:3 verloren die TTF dort im direkten Duell zu Hause, revanchierten sich aber mit einem 3:1-Sieg auswärts.
Der Gewinner des Vergleichs, der am Sonntag, 24. April in Saarbrücken entschieden wird, trifft im Finale mit 99,9-prozentiger Sicherheit auf Serienmeister Borussia Düsseldorf. Das Team um Rekord-Europameister Timo Boll war in der Hauptrunde bereits so gut wie ausgeschieden, profitierte dann aber vom Ausrutscher Bergneustadts und fegte nun im anderen Halbfinale den Vorrundenersten Fulda mit 3:0 und 9:0 Sätzen vom Feld.