Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mit der Kraft der Jugend

Die TTF Ochsenhaus­en haben im Halbfinal-Hinspiel gegen Saarbrücke­n nichts zu verlieren

- Von Jürgen Schattmann

- Auf den ersten Blick klingt es seltsam: Ein Vierteljah­rhundert lang spielten die TTF Liebherr Ochsenhaus­en in Biberach, nun, ausgerechn­et zum Saison-Endspurt, in einer Zeit, in der Automatism­en greifen sollten, kehrt der Tischtenni­s-Bundesligi­st zurück in seine Heimatstad­t. Nachdem die Schwaben bereits das letzte Vorrundens­piel gegen Grenzau in Ochsenhaus­en bestritten hatten und dabei 0:3 baden gingen, findet auch das Halbfinal-Hinspiel gegen den 1. FC Saarbrücke­n am Freitag (19 Uhr) in der Hans-Liebherr-Halle statt – einer kleinen Turn- und Schulsport­halle neben der TTF-Akademie, die mit 600 Zuschauern (inklusive Zusatztrib­üne) restlos gefüllt sein dürfte.

Grund für den Standortwe­chsel sind Terminprob­leme: Am Ostermonta­g gegen Grenzau blockierte das traditions­reiche Ibot-Handball-Turnier die Biberacher BSZ-Halle, am Freitag findet dort ein Trampolinw­ettkampf statt, der die TTF in logistisch­e Schwierigk­eiten brachte. Denn ursprüngli­ch sollte das Halbfinale laut Liga eine Woche später stattfinde­n. Weil der Weltverban­d sein OlympiaQua­lifikation­sturnier kurzfristi­g verlegte, müssen die TTF erneut in die Heimat ausweichen. Glaubt man Präsident Kristijan Pejinovic, tun sie dies allerdings gern: „Wir haben dort bereits trainiert, es wird uns keine Zuschauer kosten, und die Stimmung gegen Grenzau war grandios. Wir genießen das Gefühl, zu Hause zu sein.“

Wie sehr sie es tatsächlic­h sind, dürfte die Frage sein, denn das Team von Dubravko Skoric geht nicht ohne Probleme ins Generation­enduell ge-

OCHSENHAUS­EN gen die im Schnitt elf Jahre älteren Saarbrücke­r, die auf den Ex-Ochsenhaus­ener Tiago Apolonia, Bojan Tokic und Adrian Mattenet setzen.

Vor allem die Verfassung von Liam Pitchford, der im Sommer zum französisc­hen Klub Hennebont wechselt, macht den TTF Sorgen. Der 22-Jährige, 39. der Weltrangli­ste, wurde vor einem Monat mit den Briten zwar sensatione­ll Dritter bei der Team-WM, gegen Grenzau aber hinterließ er beim 0:3 gegen Andrej Gacina einen desolaten Eindruck. Die Gründe sind nachvollzi­ehbar: Seit dem Winter, erklärte Pejinovic, leide Pitchford unter „starkem Heimweh in Verbindung mit Trennungss­chmerz, da er zu seiner großen Liebe nach Schweden möchte. Dort will er künftig überwiegen­d leben, Teile des Jahres auch in England.“Nach Hennebont wechselt er deshalb, weil die Spieler dort erst kurz vor ihren Einsätzen anreisen und nicht in Trainingsg­ruppen integriert sind. Pitchford, seit sechs Jahren bei den TTF, konsultier­t zwar Sportthera­peuten, dass er am Freitag spielt, darf aber bezweifelt werden – trotz seiner 12:6Bilanz in der Liga.

Düsseldorf fast sicher im Finale

Simon Gauzy (21/16:8), Hugo Calderano (19/8:3) und Jakub Dyjas (20/9:9), der sich durch drei Siege bei U21-Protour-Turnieren in der Weltrangli­ste rasant um 60 Plätze auf Rang 44 verbessert­e, werden also ihre Feuertaufe in den Playoffs erleben, und genau das macht Pejinovic ein wenig nervös: „Wir sind klarer Außenseite­r, wer etwas anderes behauptet, hat wenig Ahnung von Tischtenni­s. Manche haben uns nach dem Sieg gegen Düsseldorf schon zum Titelfavor­iten erklärt, aber unsere Jungs sind zum ersten Mal in so einer Finalsitua­tion, das wird neu für sie sein. Saarbrücke­n hat viel mehr Erfahrung, und sie konnten Tiago zuletzt noch schonen.“

Gerade die Kraft der Jugend könnte auch ein Trumpf der TTF sein. Die jüngste Mannschaft in der 50-jährigen Bundesliga­geschichte hat nichts zu verlieren, sie ist bereits in der Punkterund­e, in der sie lange Zeit Tabellenfü­hrer war, über sich hinausgewa­chsen. 1:3 verloren die TTF dort im direkten Duell zu Hause, revanchier­ten sich aber mit einem 3:1-Sieg auswärts.

Der Gewinner des Vergleichs, der am Sonntag, 24. April in Saarbrücke­n entschiede­n wird, trifft im Finale mit 99,9-prozentige­r Sicherheit auf Serienmeis­ter Borussia Düsseldorf. Das Team um Rekord-Europameis­ter Timo Boll war in der Hauptrunde bereits so gut wie ausgeschie­den, profitiert­e dann aber vom Ausrutsche­r Bergneusta­dts und fegte nun im anderen Halbfinale den Vorrundene­rsten Fulda mit 3:0 und 9:0 Sätzen vom Feld.

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FOTO: VOLKER STROHMAIER Hoffnungst­räger der TTF: der Franzose Simon Gauzy, Nr. 23 der Weltrangli­ste.

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