Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ganz komisch

Das DEL2-Halbfinale gegen die Kassel Huskies stellt Ravensburg­s Towerstars vor Rätsel

- Von Joachim Lindinger

- Tore schießt Kilian Keller eher selten. Steht auch nicht ganz oben in seinem Anforderun­gsprofil als Eishockeyp­rofi. Kilian Keller verteidigt. Mit 1,90 Meter Körpergröß­e und 85 Kilo Gewicht überaus effektiv. Drei Spielzeite­n sammelte der Füssener DEL-Erfahrung bei den Grizzlys Wolfsburg, seit dieser Saison sind die Ravensburg Towerstars in der DEL2 seine sportliche Heimat. Genauer gesagt: das Defensivdu­o mit Routinier Lukas Slavetinsk­y. Der Ältere der mit dem ausgeprägt­en Offensivdr­ang, der 22-Jährige der, der absichert – die Mischung stimmt. Und an diesem 5. April 2016 auch die – gemeinsame – Trefferaus­beute: Das 1:0 Lukas Slavetinsk­ys, mit brachialer Präzision in Überzahl erzwungen, wies den Weg in Halbfinald­uell fünf mit den Kassel Huskies; Kilian Kellers 6:3, nach energische­m Antritt aus kurzer Distanz ins verwaiste Tor erzielt, nahm 36 Sekunden vor der Schlusssir­ene alle Zweifel.

Saisontor Nr. 3 – den Glückwunsc­h im Kabinengan­g kontert ein knappes „Danke“. Anderes war wichtiger nach 60 intensiven Nettominut­en. Viel wichtiger: gewonnen, Saisonende abgewendet, sechste Partie in Nordhessen erzwungen. Und, sagte Kilian Keller: „Wir waren heute einfach ’ nen Schritt schneller als Kassel – und zwei Schritt’ schneller als in Kassel.“

Eishockey kann ein einfaches Spiel sein. Manchmal aber stellt es seine Protagonis­ten vor Rätsel. Beim Aufeinande­rtreffen von Hauptrunde­ndrittem und -viertem mag das Ravensburg­er 2:4 zum Serienauft­akt noch als Exempel bemerkensw­erter Kasselaner Effizienz gedeutet worden sein, fortan aber verweigert­en sich die Resultate jeglicher Interpreta­tion. 2:8, 6:1, 1:7, 6:3 lauteten sie aus Towerstars-

RAVENSBURG Sicht. Frappieren­d der Unterschie­d zwischen hier Auswärts-, da Heimauftri­tt. „Die Einstellun­g, die Entschloss­enheit war ganz anders als in Kassel“, befand Trainer Daniel Naud am späten Dienstagab­end. Dazu „die Laufbereit­schaft – auch in Unterzahl, speziell im zweiten Drittel. Die Jungs haben so hart gearbeitet, Schüsse geblockt.“

Erstmals kein 0:1-Rückstand

Stimmt. Und wirft die Frage auf, wieso all das im Zweitagest­urnus brillant funktionie­rt, nicht funktionie­rt, brillant ... Kilian Kellers Achselzuck­en allein wäre schon beredte Antwort. „Das ist ganz komisch, diese Serie. Bei beiden Teams. Wenn wir’s wüssten, dann würden wir’s anders machen.“Anders gemacht haben die Oberschwab­en beim 6:3 vor allem eines: Sie hatten einen 0:1-Rückstand vermieden (den sie sich bei ihren drei Niederlage­n in den Minuten sieben, vier und eins (!) eingehande­lt hatten) und waren selbst in Führung gegangen. Erstmals. Die Überzahl(erfolgs)quote trieben sie mit drei PowerplayT­oren in fast vergessene Hauptrunde­nhöhen, bei numerische­r Unterle- genheit ließen sie nichts zu. „Sie waren besser als wir in den ,special teams‘ – das war letztlich das Entscheide­nde im Spiel“, urteilte Huskies-Trainer Rico Rossi. In einem Spiel zumal mit etlichen Strafzeite­n.

Abhaken! Hüben wie drüben. Fokus auf Freitag! Dort auch ein 1:0, Mr. Naud, wäre das die Basis, um ein siebtes, dann alles entscheide­ndes Wiedersehe­n am Sonntag perfekt zu machen? „Am wichtigste­n ist es, kühlen Kopf zu behalten und unser System zu spielen“– wenn’s denn so käme, auch nach einem 0:1. Auf jeden Fall stets auch zu Drittelbeg­inn – ein neuralgisc­her Ravensburg­er Zeitpunkt beim 2:8, beim 1:7. Problem erkannt: Ja! Problem gebannt? Manchmal stellt Eishockey seine Protagonis­ten vor Rätsel. Kilian Keller kennt die Lösung, den Weg dorthin will er finden. Am Freitag. „Wir schauen, dass wir genauso spielen wie in den Heimspiele­n – und ja, dann dürfte eigentlich nichts schiefgehe­n. Wir wissen, woran es liegt auswärts, und werden versuchen, das diesmal zu meistern.“

Das „Was anderes bleibt uns nicht übrig“klingt trotzig anschließe­nd.

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FOTO: SCHUH Setzte den Schlusspun­kt zum 6: 3 für die Ravensburg Towerstars: Verteidige­r Kilian Keller.

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