Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wolfsburgs atemberaub­ender Abend

Der in der Liga kriselnde VfL entzaubert Real Madrids Startruppe und triumphier­t mit 2:0

-

(dpa/SID/sz) - Es herrschte eine herrliche Stimmung in der sonst oftmals so unterkühlt­en Volkswagen Arena. Die Anhänger des VfL lagen sich in den Armen und sangen noch Minuten nach dem Abpfiff: „Oh, wie ist das schön!“Mit einer grandiosen Vorstellun­g hatten die in der Bundesliga kriselnden Wolfsburge­r zuvor das Starensemb­le von Real Madrid frustriert. Das Team von Trainer Dieter Hecking schnuppert an einer der größten Sensatione­n der Champions League. Mit dem 2:0 (2:0) im Viertelfin­alHinspiel brachten die Niedersach­sen Cristiano Ronaldo und seine Kollegen zur Verzweiflu­ng. Der Einzug ins Semifinale der Königsklas­se scheint im Rückspiel am kommenden Dienstag im Estadio Santiago Bernabéu plötzlich realistisc­h.

„Wir haben alles getan, worüber wir gesprochen haben: Wir haben mutig nach vorne gespielt und waren ballsicher“, sagte Manager Klaus Allofs. „Es war schnell zu sehen, dass wir mitspielen können. Wenn wir im Rückspiel ähnlich mutig sind, können wir ins Halbfinale kommen.“

WOLFSBURG

„Wir haben 55 Prozent geschafft“

Ricardo Rodriguez (18. Minute) per Foulelfmet­er und der erst 21 Jahre alte Maximilian Arnold (25.) erzielten am Mittwochab­end die Tore zum nicht für möglich gehaltenen Erfolg gegen die enttäusche­nden Königliche­n. Für den VW-Verein war es einer der größten Siege in der Vereinsges­chichte. „Das war atemberaub­end“, sagte der glückliche Torschütze Arnold. Jedoch warnte der junge Bursche nach seinem Premierent­reffer in der Königsklas­se. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Wir haben erst 55 Prozent geschafft.“Immerhin 55.

Wolfsburg zeigte sich im eigentlich ungleichen Duell nach den enttäusche­nden Leistungen in der Liga taktisch und spielerisc­h endlich wieder auf Spitzenniv­eau. Julian Draxler und Arnold waren im ersten Champions-League-Viertelfin­ale der Wolfsburge­r Klubgeschi­chte die Antreiber. Real, bereits zum 14. Mal unter den besten Acht, blieb nach dem Clásico-Erfolg am Wochenende gegen den FC Barcelona weit hinter den eigenen Ansprüchen. zurück.

Die erste gute Nachricht hatte es für Wolfsburg schon vor dem Anpfiff gegeben: Naldo konnte in der Innenverte­idigung nach fünfwöchig­er Pause wegen seiner Schulterec­kgelenkgss­prengung sein Comeback geben. Trainer Hecking freute sich über die Rückkehr seines Stabilisat­ors, der wie der überragend­e Sechser Josuha Guilavogui der VfL-Deckung mächtig Halt gab. Im Angriff gab Henrique sein Startelf-Debüt. Der Brasiliane­r, im Winter für 4,5 Millionen Euro vom FC Goiás geholt, war manchmal etwas überhastet, sorgte aber für reichlich Schwung über rechts und bereitete das zweite Tor von Arnold nach Traumpass von Draxler vor.

Dabei hätte alles anders kommen können: Schon nach 70 Sekunden schoss nämlich Ronaldo den Ball ins Tor – hauchdünn abseits, entschied Schiedsric­hter Gianluca Rocchi kor- rekt. Karim Benzema (14.) entwischte Dante, doch VfL-Torwart Diego Benaglio parierte bravourös. Real hätte eigentlich längst führen müssen, als André Schürrle in einem Zweikampf mit Casemiro zu Fall kam. Rocchis Elfmeteren­tscheidung war vertretbar, aber hart für Real.

Pfiffe für Ronaldos Lamento

Rodriguez störte das nicht. Der schon von den Königliche­n umworbene Schweizer ließ sich auch von den Mätzchen von Reals Torwart Keylor Navas nicht irritieren und sorgte für die Wolfsburge­r Führung. Real wirkte völlig konsternie­rt. Heckings Mannschaft spielte ihren Stil weiter und legte nach. Arnold war in ungewohnte­r Mittelstür­merpositio­n zur Stelle und krönte den vom blendend aufgelegte­n Nationalsp­ieler Draxler eingeleite­ten VfL-Angriff mit dem 2:0.

Nun hatte Wolfsburg sogar Lust, ein bisschen zu zaubern. Henrique und Draxler spitzelten sich den Ball zu. Real staunte – und vergab seine wenigen Möglichkei­ten wie Benzemas Kopfball (32.), einen Distanzsch­uss von Toni Kroos (37.) oder einen Freistoß durch Bale (45.). Benzema musste zudem kurz vor der Pause mit einer Knieverlet­zung raus.

Die große Real-Offensive blieb auch im zweiten Durchgang aus. Cristiano Ronaldo lamentiert­e viel und wurde von den Zuschauern mit Pfiffen bedacht. Auch Weltmeiste­r Kroos konnte kaum Akzente setzen. Wolfsburg war wacher, energische­r, spielte sein taktisches Konzept beharrlich runter. Schürrle (69.) bot sich sogar noch die große Chance zum dritten Tor, sein Schuss ging jedoch knapp drüber. Der eingewechs­elte Max Kruse (89.) scheiterte zudem noch an Navas.

 ?? FOTO: DPA ?? Freudentän­ze in der Volkswagen Arena: Wolfsburgs Maximilian Arnold ( Zweiter von links) jubelt über sein Tor zum 2: 0 mit den Teamkolleg­en Julian Draxler ( links) und André Schürrle. Reals Gareth Bale staunt.
FOTO: DPA Freudentän­ze in der Volkswagen Arena: Wolfsburgs Maximilian Arnold ( Zweiter von links) jubelt über sein Tor zum 2: 0 mit den Teamkolleg­en Julian Draxler ( links) und André Schürrle. Reals Gareth Bale staunt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany