Schwäbische Zeitung (Tettnang)

NSU-Terroriste­n sollen bei V-Mann gearbeitet haben

Neue Hinweise auf Mitwisser im Umfeld des Verfassung­sschutzes – Aufklärung gefordert

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BERLIN (dpa) - Zwei der drei mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen des „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“(NSU) sollen in Firmen gearbeitet haben, die von einem VMann des Verfassung­sschutzes betrieben wurden. Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sollen zeitverset­zt bei dem Neonazi Ralf Marschner beschäftig­t gewesen sein. Marschner war unter dem Tarnnamen „Primus“als Informant für das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BfV) tätig.

Eine Sprecherin des Inlandsgeh­eimdienste­s wollte den Vorgang nicht kommentier­en. Der NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss im Bundestag will den Hinweisen nun nachgehen. Es stellt sich damit einmal mehr die Frage nach NSU-Mitwissern im Umfeld des Verfassung­sschutzes. Mundlos, Zschäpe und ihrem Komplizen Uwe Böhnhardt wird eine jahrelange Mordserie zur Last gelegt. Zwischen 2000 und 2007 erschoss der NSU zehn Menschen, neun davon ausländisc­her Herkunft. Mit Sprengstof­fanschläge­n soll die Gruppe zudem Dutzende Menschen verletzt haben.

Die „Welt“hatte berichtet, Mundlos sei unter einer Tarnidenti­tät von 2000 bis 2002 als Vorarbeite­r eines Bauunterne­hmens im sächsische­n Zwickau eingesetzt gewesen. Inhaber der Firma war Marschner, der heute in Vaduz (Liechtenst­ein) lebt. Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen sagte dazu: „Nach unserer Erkenntnis­lage und nach den Auskünften der damals dafür zuständige­n Mitarbeite­r haben wir keine Anhaltspun­kte dafür, dass es so war.“

Nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur arbeitete Zschäpe Jahre später in einer anderen Firma Marschners. Ein früherer Partner Marschners bestätigte, er habe dessen Geschäft finanziert. Es habe sich um einen Szene-Laden namens „Heaven and Hell“gehandelt. Aus der Vernehmung eines anderen Zwickauer Neonazis geht hervor, dass die Behörden von Zschäpes Beschäftig­ung wussten. Ein Beamter des Bundeskrim­inalamtes sagte dem Neonazi darin: „Es liegen Erkenntnis­se vor, dass Beate Zschäpe im Ladengesch­äft „Heaven and Hell“gearbeitet (...) hat.“

Bereits der erste Bundestags­NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss war solchen Hinweisen nachgegang­en. Clemens Binninger, damals CDU-Obmann und nun Vorsitzend­er des zweiten Aufklärung­sgremiums zu dem Fall, sagte, Zweifel seien geblieben: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es keinen V-Mann gab, der wusste, wo sich das Trio aufhielt.“Auch andere Ausschuss-Obleute zeigten sich alarmiert. „Im Raum steht die Unterstütz­ung einer terroristi­schen Vereinigun­g durch einen V-Mann des Staates“, sagte Irene Mihalic (Grüne). Linken-Obfrau Petra Pau mahnte, alle Akten müssten dem neuen NSU-Ausschuss vorgelegt werden.

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