Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Wenn es regnet, war es Brüssel“
- Elmar Brok (Foto: dpa), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, gibt der niederländischen Regierung eine Mitschuld am abgelehnten EU-Ukraine-Referendum. Das sagt er im Interview mit Andreas Herholz.
BERLIN
Die Niederländer sagen Nein zum Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine. Wo liegen die Ursachen für diesen Ausgang des Referendums?
Das ist eine schallende Ohrfeige für die niederländische Regierung. Sie hat sich nicht für den Vertrag mit der Ukraine offensiv eingesetzt, den das niederländische Parlament sogar ratifiziert hat. Die Regierung in Den Haag hat kaum Wahlkampf gemacht, das Feld bei diesem Referendum den Anti-Europäern überlassen. Sie haben nicht den Mut, dem Populismus offen entgegenzutreten. Da gab es die Hoffnung, dass die Wahlbeteiligung unter den erforderlichen 30 Prozent bleiben und das Referendum damit scheitern würde. Das ist gründlich danebengegangen. Wenn man etwas in Brüssel beim Europäischen Rat mitbeschließt, solle man auch zu Hause dafür werben und dahinter stehen. Sonst wird man unglaubwürdig und verliert die Zustimmung. Dann geht es schief. Die Arbeitsteilung, wenn die Sonne scheint, waren es Paris, London und Berlin, und wenn es regnet, war es Brüssel, macht Europa kaputt.
Der Rechtspopulist Geert Wilders Wilders nennt das Ergebnis den Anfang vom Ende Europas …
Geert Wilders hat für seine Position 19 Prozent der Stimmen gewonnen. Das hat er mit purer Propaganda erreicht. Natürlich werden er und seine Partei jetzt versuchen, davon zu profitieren. Wir dürfen jetzt nicht auf die Propaganda solcher antidemokratischen Figuren hereinfallen. Herr Wilders ist ein Rassist. Ihn muss man bekämpfen. Er liegt in den Meinungsumfragen in den Niederlanden bei 35 Prozent. Wenn nicht endlich die Regierungen und die pro-europäischen Kräfte begreifen, dass man für Europa positiv eintreten und dafür kämpfen muss, geht das gründlich schief. Hoffentlich ist das jetzt ein Weckruf, gegen die Antieuropäer in die Offensive zu gehen.
Drohen der Europäischen Union angesichts immer neuer Referenden, ob in Den Haag, London oder Budapest, jetzt Stillstand und eine Zerreißprobe?
Das ist natürlich eine Gefahr. Nach dem Referendum in den Niederlanden kommen noch die in Ungarn und bei den Briten. Da wird mit dem Feuer gespielt und in Kauf genommen, dass Europa beschädigt wird.