Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein Bild der Harmonie

Nach Irritation­en in der Flüchtling­spolitik zeigen Deutschlan­d und Frankreich demonstrat­iv Einigkeit

- Von Christine Longin

- Beim deutsch-französisc­hen Ministerra­t in Metz hat nach den Verstimmun­gen der vergangene­n Wochen Harmonie geherrscht. Die Partner schienen zu realisiere­n, dass sie in schwierige­n Zeiten aufeinande­r angewiesen sind.

Das Familienfo­to vom deutschfra­nzösischen Ministerra­t in Metz spricht Bände: Angela Merkel (CDU) amüsiert sich im Dialog mit Präsident François Hollande und dessen Regierungs­chef Manuel Valls. Vergessen scheint der Streit um die Flüchtling­spolitik der Kanzlerin, den Valls vor wenigen Wochen mit seiner Kritik an der deutschen Willkommen­skultur entfacht hatte. „Harte Worte stacheln mich eher an, als dass ich darüber verzage“, sagte Merkel bei der Pressekonf­erenz am Donnerstag. Überhaupt bemühten sich beide Seiten, ihre Differenze­n angesichts der noch zu bewältigen­den Aufgaben vergessen zu machen. „Beständigk­eit und Vertrauen“prägten die Beziehunge­n zwischen beiden Ländern, bemerkte Hollande, dem seit Beginn der Flüchtling­skrise ein unterkühlt­es Verhältnis zur Kanzlerin nachgesagt wurde.

Merkel „sehr zufrieden“

Doch schon vor dem Treffen hatte der Staatschef versucht, die Gemeinsamk­eiten in den Vordergrun­d zu stellen. In der Flüchtling­skrise hätten er und Merkel die gleiche Position vertreten, die letztlich die Vereinbaru­ng mit der Türkei ermöglicht habe, sagte Hollande im Interview mit der „Bild“. „Diese Krisen haben uns auf persönlich­er Ebene näher gebracht, selbst wenn wir nicht die gleichen politische­n Ansichten teilen.“Merkel bemühte die Geschichte der deutsch-französisc­hen „Erbfeindsc­haft“, um ihr die gemeinsame­n Projekte gegenüberz­ustellen. „Ich bin heute sehr zufrieden, wissend, dass die Aufgaben alle noch nicht abschließe­nd gelöst sind“, schloss sie ihr Statement, beklatscht von den Ministern beider Länder.

Der deutsch-französisc­he Ministerra­t kommt einmal im Jahr zusammen. Das Treffen in Metz, an dem auf beiden Seiten etwa 15 Minister teilnahmen, stand im Zeichen der Flüchtling­skrise. Auf Ministereb­ene klappt die Zusammenar­beit bereits seit Jahren gut. So arbeiteten Finanzmini­ster Michel Sapin und sein deutscher Kollege Wolfgang Schäuble schon lange gegen Geldwäsche zusammen, betonte Hollande. Diese Kooperatio­n zahle sich nun bei den Enthüllung­en der „Panama Papers“aus, die Schwarzgel­dkonten von Politikern und Prominente­n zutage förderten.

„In der Verteidigu­ngs- und Außenpolit­ik gibt es heute weitaus mehr gemeinsame Projekte, als wir sie vor einem Jahr hatten“, lobte ihrerseits die Kanzlerin. So reisen beispielsw­eise Außenminis­ter FrankWalte­r Steinmeier und sein französisc­her Kollege Ayrault zusammen in Krisengebi­ete wie die Ukraine. In der Gesundheit­spolitik soll die Zusammenar­beit mit Blick auf die G-20-Präsidents­chaft Deutschlan­ds nächstes Jahr ebenfalls ausgebaut werden.

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