Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schönwetter im Berliner Schloss
Deutschlands größte Kulturbaustelle liegt im Plan - Dachrestaurant geplant
- Das rekonstruierte Berliner Schloss nimmt Gestalt an. Etage für Etage ist es gewachsen, jetzt steht fest, dass es auch ein Dachrestaurant bekommen wird. Der Bundestag hat dafür fünf Millionen Euro zugesagt.
Die Berliner freunden sich langsam mit ihrem alten Schloss an. Je höher es wächst und die Baufortschritte sichtbar werden, desto mehr Besucher interessieren sich. Und die Spendenbereitschaft steigt auch. Von den 80 Millionen, die Freiherr von Boddiens Stiftung zum Schloss beisteuern will, sind schon 50 Millionen eingesammelt. Boddien hat jetzt sein Spendenziel auf 105 Millionen erhöht, um weitere 25,5 Millionen für die Kuppel zu haben. Mit den Spenden sollten vor allem die Ausgestaltung der barocken Fassaden und Portale finanziert werden. Die Stiftung ist zuversichtlich, dass das klappt. „Wir haben keinen Plan B für Spenden“,heißt es.
Bis 2019 soll Berlin sein altes Schloss in ganzer Pracht wiederhaben, äußerlich nachgebaut anhand von alten Zeichnungen und Fotos, von innen als moderner Neubau mit Piazza und Lichthof ausgestattet. Das Schloss, das vom 15. bis ins 20. Jahrhundert die Stadt prägte, wurde um 1700 von Andreas Schlüter ausgebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerbombt, 1950 gesprengt und 1976 durch den Palast der Republik ersetzt, den man „Erichs Lampenladen“nannte.
BERLIN
In Berlin wurde über den neuen Hauptstadtflughafen, der vor 1400 (!) Tagen eigentlich eröffnet werden sollte, schon jeder Witz gemacht. Umso mehr wird gestaunt, dass das Berliner Schloss im Zeit- und Kostenplan liegt. „60 Prozent der Bauleistungen sind beauftragt. Im Moment spricht alles dafür, dass der Kosten- und Terminrahmen eingehalten wird“, sagte Bundesbauministerin Barbara Hendricks kürzlich bei einem Baustellenbesuch.
Konzepte dringend gesucht
Der Bund ist der größte Finanzier des Wiederaufbaus. 2002 beschloss der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit den Wiederaufbau des alten Schlosses. Damals eine umstrittene Entscheidung. „Es gibt keinen Grund, Preußen wiederauferstehen zu lassen", sagte zum Beispiel Altkanzler Helmut Schmidt. Doch je mehr das neue alte Schloss Gestalt annimmt, desto begeisterter sind die Berliner. Die Führungen sind lange im voraus ausgebucht.
Einer hatte es von Anfang an geahnt. Wilhelm von Boddien, der Gründer und Geschäftsführer des Fördervereins, der mit 18 Jahren erstmals die große leere Fläche in der Mitte Berlins sah und 1992 den Verein zum Wiederaufbau des alten Schlosses gründete, das jetzt von außen schon sehr gut erkennbar ist.
Was das Innenleben betrifft, ist allerdings noch einiges offen, auch wenn der berühmte Londoner Museumsleiter Neil MacGregor als Gründungsintendant des Humboldtforums große Erwartungen weckt. Sicher ist, dass die ethnologischen Sammlungen aus Dahlem umziehen, dass die berühmten Ausstellungsstücke wie die Palau-Häuser und die Südseeboote in doppelgeschossigen Räumen ihren neuen Standort finden.
Weitere 4000 Quadrameter sind für einen Berliner Bereich reserviert. Hier soll der Aufstieg von Berlin zur Metropole gezeigt werden.
Der niederländische Museumsdirektor Paul Spies ist Chefkurator des Humboldtforums und neuer Leiter der Stiftung Stadtmuseum. Er gilt als „Joker“des Berliner Bürgermeisters Michael Müller. Denn auch das ist einzigartig am Schloss: Die Kosten teilen sich der Bund, Berlin und die Stiftung, auch wenn der Bund mit 443 Millionen von den insgesamt 595 Millionen Euro den Löwenanteil trägt.
Das Erdgeschoss soll für Sonderausstellungen reserviert sein.
Das Besondere: der Lichthof und der offene Eingangsbereich, die für alle zugänglich sind. Der Schlüterhof wird eine riesige Piazza, er soll ein ganz Stadtplatz mit Gastronomie werden. Das Schloss soll trotz seiner monumentalen Größe durchlässig sein.
Neben den drei barocken Fassaden hat das Schloss zur Spree hin eine Neubaufassade mit Spreeterrassen. Für Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist es die bedeutendste Kulturbaustelle Deutschlands.