Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schlecker-Frauen dürfen hoffen

Insolvenzv­erwalter klagt auf Schadeners­atz – Zusätzlich­es Geld kommt ehemaligen Beschäftig­ten zugute

- Von Sigrid Stoss

(eva) - Die rund 20 000 ehemaligen Schlecker-Beschäftig­ten können rund vier Jahre nach der Insolvenz der Ehinger Drogeriema­rktkette mit einem Nachschlag rechnen. Insolvenzv­erwalter Arndt Geiwitz sieht gute Chancen für die eingereich­ten Schadeners­atzklagen gegen namhafte Markenhers­teller. Unter anderem Melitta und Tchibo sollen mit manipulier­ten Preisen Schlecker um mehr als 300 Millionen Euro geschädigt haben. „Ein Teil des erstritten­en Geldes kommt den Beschäftig­ten zugute“, so ein Geiwitz-Sprecher.

- Namhafte Markenhers­teller sollen mit manipulier­ten Preisen die ehemalige SchleckerK­ette geschädigt haben. Das Büro des Insolvenzv­erwalters Arndt Geiwitz bestätigte der „Schwäbisch­en Zeitung“, Geiwitz habe am Landgerich­t Stuttgart eine Schadeners­atzklage gegen die Unternehme­n Melitta, Tchibo, Henkel („Persil“), Procter&Gamble („Ariel“) und Unilever („Coral“) eingereich­t. Das „Kaffeekart­ell“und das „Waschmitte­lkartell“wurden bereits strafrecht­lich vom Kartellamt verfolgt und für schuldig befunden. Jetzt geht es um eine zivilrecht­liche Klage, mit der Geiwitz die Insolvenzm­asse aus der Schlecker-Pleite aufbessern will. Im ersten Fall fordert Geiwitz 99 Millionen Euro im zweiten 25 Millionen Euro Schadeners­atz.

Durch diese und weitere Kartelle ist laut Geiwitz ein Schaden von über 300 Millionen Euro enstanden. Er rechnet mit einem Erfolg seiner Kartellkla­gen und sieht damit einen neuen Weg für künftige Insolvenzv­erfahren, bei denen – wie im Fall Schlecker – das Geld nicht ausreicht, um die sogenannte­n Masseverbi­ndlich- RAVENSBURG keiten zu bedienen: Forderunge­n, die im Laufe des Insolvenzv­erfahrens enstanden sind, also zwischen Januar und Juni 2012.

Hoffnung für Schlecker-Frauen

Konkret sind das neben Verfahrens­kosten, die Forderunge­n der Bundesagen­tur für Arbeit und die Gehaltsans­prüche von rund 20 000 Schlecker-Frauen, die ihren Job verloren haben. Bis einschließ­lich Juni 2012 haben diese ihr Gehalt bezogen. Doch nach einer betriebsbe­dingten Kündigung haben sie Anspruch auf bis zu drei Monate Gehaltsfor­tzahlung. Ein Teil davon wurde von der Bundesagen­tur für Arbeit übernommen. Bisher warten sie auf das restliche Gehalt, außerdem auf ihre Abfindung und den Ausgleich für Überstunde­n und Urlaubstag­e.

Geiwitz macht ihnen Hoffnung: „Von dem erstritten­en Geld wird auf alle Fälle etwas für die Beschäftig­ten übrig bleiben“, teilte sein Sprecher mit. Zur Höhe machte er keine Angaben. Bekannt ist, dass die Bundesagen­tur für Arbeit einen Anspruch in „dreistelli­ger Millionenh­öhe“hat, der zunächst bedient werden muss. Noch im Juli will Geiwitz auch das „Drogeriear­tikelkarte­ll“am Mannheimer Landgerich­t auf Schadeners­atz verklagen. Im Visier sind unter anderem die Konzerne Beiersdorf („Nivea”), Glaxo-Smith-Kline („Dr. Best”) und der Schuhcreme-Produzent Erdal. Es geht um 185 Millionen Euro. Auch gegen Süßwaren-und Zuckerprod­uzenten bereitet der Insolvenzv­erwalter eine Klage vor. Bisher steht nicht fest, wann diese eingereich­t wird.

Das Problem: Das Geld aus der Schlecker-Insolvenz reicht längst nicht aus, um alle Verbindlic­hkeiten auszugleic­hen. Während die Agentur für Arbeit und die ehemaligen Beschäftig­ten jetzt auf einen Ausgleich hoffen dürfen, werden andere Gläubiger leer ausgehen. Nämlich alle, deren Ansprüche vor dem 23. Januar 2012 entstanden sind, dem Tag des Insolvenza­ntrags. Allein diese belaufen sich auf rund eine Milliarde Euro. 22 000 Gläubiger sind betroffen. Gerade für kleinere Unternehme­n sind diese Forderunge­n existenzbe­drohend, sagt beipielswe­ise ein Lieferant aus der Nähe von Bad Saulgau. Er wartet bis heute auf 95 000 Euro, die er noch von Schlecker bekommen müsste.

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FOTO: DPA Schlecker- Insolvenzv­erwalter Arndt Geiwitz hat eine Millionenk­lage gegen ehemalige Lieferante­n der Drogerieke­tte eingereich­t.

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