Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Brexit befeuert Fremdenfei­ndlichkeit

In Großbritan­nien nehmen nach dem Referendum Angriffe auf Ausländer zu

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(epd) - Es ist kurz vor acht Uhr morgens, als Juan Jasso mehrere Jugendlich­e an einer Straßenbah­nHaltestel­le in Manchester auffordert, nicht zu fluchen: Denn es seien Kinder da. Jasso steigt in die Bahn. Was folgt, ist purer Rassismus: Die Jugendlich­en fordern ihn auf, „nach Hause nach Afrika“zu gehen.

Die meisten Fahrgäste schauen weg. Erst als einer der Jugendlich­en versucht, Basso mit Bier zu überschütt­en und dabei eine Frau mit ihrem Baby trifft, schreitet jemand ein. Die Jugendlich­en verlassen die Bahn, eine Frau ruft ihnen hinterher, sie seien „eine Schande für England“.

Jasso lebt seit 18 Jahren in Großbritan­nien, er kommt nicht aus Afrika, sondern aus den USA, hat dort sieben Jahre lang als Soldat gedient. Angst habe er keine gehabt, sagt er LONDON später dem Fernsehsen­der Channel 4 und kritisiert, dass Angriffe wie diese durch die anhaltende Diskussion um den Brexit befeuert werden.

Seit dem Referendum häufen sich in sozialen Netzwerken Beschwerde­n von Ausländern über rassistisc­he und fremdenfei­ndliche Übergriffe. Beim Londoner Radiosende­r LBC ruft unter Tränen eine ältere Dame an, die seit mehr als 40 Jahre in Großbritan­nien lebt. Nun sei sie von ihren Nachbarn aufgeforde­rt worden, das Land zu verlassen, weil sie Deutsche sei. Auch sei ihre Haustür mit Hundekot beschmiert worden.

Im nordenglis­chen York wurde eine schwedisch­e Mutter aufgeforde­rt, „nach Hause zu gehen“. In London wurde das polnische Kulturzent­rum mit dem Spruch „Geht nach Hause“beschmiert.

Die Übergriffe beschäftig­ten nun auch das britische Parlament. Man wolle mit aller Härte gegen Rassismus und Übergriffe gegen EU-Ausländer und Menschen anderer Herkunft und Religionen vorgehen, hieß es einhellig in einer Parlaments­debatte. Der neue Bürgermeis­ter Londons, Sadiq Khan, nennt die EU-Bürger weiterhin in London willkommen. Gegen Hasskrimin­alität werde man mit aller Härte des Gesetzes vorgehen, verspricht er.

Die Polizei in Manchester hat inzwischen die Jugendlich­en festgenomm­en, die den Amerikaner Juan Jasso in der Straßenbah­n belästigt haben. Sie sind 20, 18 und 16 Jahre alt. Ihnen wird die Störung der öffentlich­en Ordnung zur Last gelegt, das kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

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