Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Stille

- Theresa May

Am 15. Dezember 2015 stellte

einen Rekord auf. Die unscheinba­r wirkende Politikeri­n mit grauen Haaren und ohne jeden Anflug von Charisma, die mit leiser Stimme spricht und sich nie in den Vordergrun­d drängt, wurde die am längsten amtierende britische Innenminis­terin seit dem letzten Rekordhalt­er vor mehr als einem Jahrhunder­t.

May hat sechs Jahre in einem schwierige­n Job überlebt, den viele in Westminste­r einen „ Schleuders­itz“nennen. Ob bei der Bekämpfung des islamistis­chen Terrorismu­s oder dem harten Durchgreif­en gegen Krawallmac­her im heißen Sommer 2011, als Londons Straßen in Flammen standen – die wegen ihrer Zuverlässi­gkeit geschätzte Innenminis­terin reagierte auf die Herausford­erungen mit stoischer Gelassenhe­it und kühl kalkuliert­er Effizienz.

Dass die pragmatisc­he und vorsichtig­e Konservati­ve ( 59) sich nun um den Parteivors­itz und den Premierpos­ten bewirbt, finden viele Analysten nur folgericht­ig und gut: In Zeiten großer Ungewisshe­it für das Land nach dem Brexit- Entscheid brauche Britannien weder selbstverl­iebte Populisten noch unerfahren­e Zauderer in der Downing Street 10, sondern ein „ safe pair of hands“. Das Königreich wäre also bei May „ in guten Händen“.

Die Tochter eines anglikanis­chen Vikars hat nach ihrem Studium an der Eliteunive­rsität Oxford in der Finanzbran­che gearbeitet, ehe sie 1997 Abgeordnet­e wurde. Seitdem arbeitete sich May mit ihrer leisen Beharrlich­keit in der Tory- Hierarchie hoch und wich dabei geschickt allen Skandalen aus.

Als David Cameron 2010 die Wahl gewann, hatte May bereits 13 Jahre Erfahrung als Chefin verschiede­ner Ressorts in den konservati­ven Schattenka­binetten gesammelt. Als Innenminis­terin sollte sie im Auftrag Camerons schwierige Probleme wie Polizeiref­orm und Migrations­kontrolle lösen. Kritiker werfen ihr allerdings vor, bei der letzten Aufgabe versagt zu haben.

Die verheirate­te Ministerin hat keine Kinder. May hat in der Vergangenh­eit wegen ihrer bisweilen extravagan­ten Schuhe gelegentli­ch für Diskussion­en gesorgt. Alexei Makartsev

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