Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Rekordplus bei der Rente – und was davon übrig bleibt
Die rund 20 Millionen Pensionäre profitieren von der höchsten Erhöhung seit 23 Jahren
- Ab heute gibt es mehr Geld für Deutschlands Rentnerinnen und Rentner: Zum 1. Juli steigen die Altersbezüge so stark wie seit 23 Jahren nicht mehr. Doch die Erhöhung kommt nicht 1:1 an, schließlich müssen Rentner weiter Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung zahlen. Darüber hinaus rutschen immer mehr in die Steuerpflicht. Hintergründe zur Anhebung der Altersbezüge und zur Debatte über die gestiegenen Sozialausgaben beleuchtet Rasmus Buchsteiner. BERLIN
Wie stark steigen die Renten?
Die Bezüge werden um 4,25 Prozent im Westen und um 5,95 Prozent im Osten angehoben. Damit wird der Rentenwert in den neuen Bundesländern künftig 94,1 Prozent des Wertes im Westen erreichen. Auch die Versorgungsbezüge werden in den alten und neuen Ländern um 4,25 Prozent angehoben. Dabei geht es vor allem um Kriegsopfer, Impfgeschädigte und Opfer von Gewalttaten.
Wie wird das Plus finanziert?
Der Anstieg soll sich nicht auf die Höhe des Beitragssatzes zur Rentenversicherung auswirken. Dieser bleibe in den kommenden Jahren stabil, heißt es aus der Bundesregierung. Dank guter Konjunktur und Milliarden-Rücklagen in der Rentenkasse ist das Plus finanzierbar.
Ist brutto gleich netto?
Nein. Auch Rentner müssen Sozial- abgaben zahlen, unter anderem für die Krankenversicherung. Für die Pflegeversicherung zahlen sie sogar den vollen Beitragssatz von aktuell mindestens 2,35 Prozent. Besonders viel geht bei freiwillig Krankenversicherten sowie Privatversicherten ab. Hinzu kommt: Laut Bundesfinanzministerium müssen als Folge der Rentenerhöhung rund 70 000 Rent- ner erstmals Steuern auf ihre Altersbezüge und Zusatzeinnahmen zahlen. Insgesamt wären damit 3,9 Millionen Rentner steuerpflichtig. Für sie gilt: Jede Rentenerhöhung wird zu 100 Prozent versteuert.
Warum steigen die Renten in diesem Jahr so stark?
Hauptursachen für das kräftige Plus sind die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt und die gestiegenen Einkommen. Rentenerhöhungen hängen insbesondere von der Lohnentwicklung im Vorjahr ab. In die Berechnung gehen aber auch das zahlenmäßige Verhältnis von Rentnern und Beitragszahlern sowie die Entwicklung des Beitragssatzes ein. Außerdem war die Rentenerhöhung im vergangenen Jahr wegen der veränderten Berechnungsgrundlage um einen Prozentpunkt geringer ausgefallen, was jetzt wieder einmalig ausgeglichen wird. Im vergangenen Jahr hatte es im Westen eine Erhöhung von 2,1 und im Osten von 2,5 Prozent gegeben.
Wie wird sich das Rentenniveau entwickeln?
Für den sogenannten „Eckrentner“– mit 45 Beitragsjahren und durchschnittlichem Verdienst – beträgt das Rentenniveau aktuell 47,5 Prozent des Arbeitnehmerlohns nach Abzug der Sozialabgaben. Das Rentenniveau wird weiter sinken – auf 44,2 Prozent im Jahr 2030. Die gesetzliche Rente allein sichert den Lebensstandard nicht.
Wie hoch sind Deutschlands Sozialausgaben insgesamt? Und welchen Anteil hat daran die Rente?
Die Sozialausgaben in Deutschland lagen im vergangenen Jahr bei 888,2 Milliarden Euro – ein neuer Rekord. Gegenüber 2014 waren die Aufwendungen damit um 4,5 Prozent gestiegen. Die Rente ist mit 282 Milliarden Euro der größte Posten. Bei der Krankenversicherung belaufen sich die Ausgaben auf 211,9 Milliarden Euro, bei den Beamtenpensionen sind es 52,9 Milliarden Euro. Mit 28,9 Milliarden Euro gab die Pflegeversicherung erstmals mehr Geld aus als die Arbeitslosenversicherung, die 2015 auf 27,4 Milliarden Euro kam.