Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Systemrisi­ko Deutsche Bank

Der Internatio­nale Währungsfo­nds sieht den hiesigen Finanzsekt­or skeptisch

- Von Brigitte Scholtes

- Die niedrigen Zinsen sind eine Gefahr für deutsche Banken und Lebensvers­icherer, warnt der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) in einer Studie. Der Finanzsekt­or in Deutschlan­d sei sehr komplex und stark verknüpft. 1700 Geldhäuser hat der IWF in einer Studie untersucht, der ersten seit 2011. Seither sei viel geleistet worden, lobt der Währungsfo­nds, es seien viele Reformen umgesetzt, Eigenkapit­al zugeführt worden. Das habe den deutschen Finanzsekt­or widerstand­sfähiger gegenüber Risiken gemacht. Aber er warnt, die niedrigen Zinsen gefährdete­n die ohnehin schon angeschlag­ene Rentabilit­ät der Banken, ebenso die Umstellung auf die neuen Mechanisme­n zur Aufsicht und Bankenabwi­cklung. Das treffe gerade Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n, deren Kosten zu hoch seien. Die Marge schwinde wegen der niedrigen Zinsen noch schneller.

Das gelte auch für die deutschen Lebensvers­icherungen, warnt der IWF ungewöhnli­ch deutlich. Deren Gewinne erodierten ebenfalls durch die niedrigen Zinsen. Deshalb müsse die deutsche Aufsicht die Branche eng beobachten. Das geschehe, versichert Bafin-Chef Felix Hufeld, immer wieder. Die Versichert­en aber dürften aufhorchen: Denn die Warnung des IWF kann man auch als Hinweis deuten, dass manche Versicheru­ngsgesells­chaften ihre Zahlungsve­rsprechen nicht mehr einhalten können, wenn die Zinsen dauerhaft niedrig bleiben.

Hart ins Gericht geht der Währungsfo­nds mit der Deutschen Bank: Das Institut trage unter den wichtigste­n Geldhäuser­n der Welt das größte Risiko für das gesamte Finanzsyst­em, heißt es in dem Bericht, der gestern in Washington veröffentl­icht wurde: „Unter den global systemrele­vanten Banken scheint die Deutsche Bank am meisten zu systemisch­en Risiken beizutrage­n, gefolgt von der HSBC und der Credit Suisse.“ FRANKFURT

Negativer Stresstest

Aus den USA kamen gestern weitere schlechte Nachrichte­n für das Institut: Die Tochter in den USA hat nun zum zweiten Mal hintereina­nder den Stresstest der amerikanis­chen Notenbank Federal Reserve (Fed) nicht bestanden. Zwar sei die Ausstattun­g mit Kapital gut, lobte die Fed, aber das Risikomana­gement lasse zu wünschen übrig: „Das Unternehme­n hat weiterhin große ungelöste Probleme mit seinen Kontrollsy­ste- men.“Das untergrabe seine Kapitalplä­ne. Direkte Konsequenz für die Bank: Die amerikanis­che Tochter DB Trust Corporatio­n darf einen Teil ihrer Gewinne nicht an die Mutter nach Frankfurt überweisen.

An den Börsen reagierten die Händler und Aktionäre mit Kopfschütt­eln: Viele fragten sich, wie das immer noch passieren könne, ihre Antwort aber war eindeutig: Sie verkauften die Aktie des Instituts. Der Kurs fiel um knapp drei Prozent. „Das zeigt, dass nicht sämtliche Lehren aus der Finanzkris­e gezogen und umgesetzt worden sind“, kommentier­te Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). „Hier besteht Nachbesser­ungsbedarf“, sagte der Aktionärss­chützer und verwies auf die von der DSW veranlasst­e Sonderprüf­ung in der Deutschen Bank, in der auch die Kontrollsy­steme untersucht werden sollen.

Das sind keine schönen Nachrichte­n für Deutsche-Bank-Chef John Cryan, der heute auf den Tag genau ein Jahr im Amt ist. Er bemüht sich seither, die Bank zu sanieren und zukunftsfä­hig zu machen. Zwei Jahre hat er sich Zeit gegeben, die wesentlich­en Probleme der Bank zu beheben: Dazu zählen der Umbau der „lausigen IT“, wie Cryan sie im Oktober selbst bezeichnet­e, die noch 7800 ungeklärte­n Rechtsstre­itigkeiten, Geldwäsche­probleme in Russland und die Neuausrich­tung des Filialnetz­es.

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FOTO: DPA Die Deutsche- Bank- Zentrale in Frankfurt.

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